den No-Nails-Kurs von Brandon Acker habe ich mir inzwischen gekauft, und bei dem tollen Kurs ist mir außerdem aufgefallen, dass der gute Mann mit einem Gurt spielt, ganz ohne Stütze. Dann habe ich nach einer Erklärung von ihm gesucht, und natürlich gibt es die auch.
Ich habe dann hier gesehen, dass es einen Diskussionsfaden gibt zum Thema "Ergonomie des Gitarrenspiels", wo das Thema schon mal aufgegriffen wurde. Aber vielleicht hat dieses Thema einen eigenen Faden verdient?
Eigentlich bin ich ziemlich zufrieden mit meiner SageWork-Stütze, allerdings merke ich manchmal, dass diese Spielweise nicht hundertprozentig stabil ist. Ob ich leicht nach vorne lehne, bemerke ich nicht, aber vielleicht tue ich es, ohne es zu merken. Aber das Thema Stabilität scheint ja bei anderen Stützen ein Thema zu sein, und lässt sich dann anscheinend mit einem Gurt nochmal deutlich verbessern.
Und jetzt überlege ich: Vielleicht lasse ich mir in meine alte Kremona mal ein Loch bohren und probiere es aus.
Habt ihr Erfahrungen damit? Abgesehen natürlich von der Lochbohrung, die ich aber für nicht-historische Instrumente für verkraftbar halte bzw. anscheinend (wie in dem Video erwähnt) "rückgängig" und unsichtbar machbar ist: Was sind aus eurer Sicht bedenkenswerte Vor- und Nachteile?
Das Thema „Ergonomie des Gitarrenspiels“ ist schon ab der ersten Seite nahezu komplett in das Thema „Spielen mit Gurt“ abgedriftet und wurde dann im weiteren Verlauf bereits ziemlich breit diskutiert. Für mich war es der Anlass meine Manfred Pletz Gitarre für ein Nur-Gurt-Experiment zu opfern, was ich nicht bereut habe. Mit jeweils einem Gurt-Pin am Halsübergang, dem Endklotz am Unterbug und den Gürtellaschen meiner Jeans, letzteres von Brandon Acker abgeschaut, lässt sie sich mit einem 9 cm breiten Ledergurt sowohl im Stehen als auch im Sitzen sehr angenehm und bequem spielen. Für mich mindestens ebenso bequem, wie mit einer gut passenden Stütze, wenn nicht sogar besser, weil man flexibler ist und lockerer spielen kann, weil die Hände & Arme von jeglicher Haltungsverpflichtung befreit sind.
Das Hauptproblem besteht für mich jetzt in der Frage, ob und wie ich das meiner/meinen „Guten“ antuen möchte. Eigentlich blöd, weil einem die eigene Gesundheit schon wichtiger sein sollte, als zwei zusätzliche Löcher in die Gitarre zu bohren. Brandon Acker ist da z.B. ziemlich mitleidlos! Bei mir ist diese Entscheidung noch nicht ganz ausgereift, zumal ich mit meiner Kinder-Ergoplay-Stütze und der Anti-Rutschmatte auch ziemlich gut klarkomme.
Also um es kurz zu machen. Wenn du eine „Opfergitarre“ hast, scheu nicht es auszuprobieren, aber sei darauf gefasst, dass dich das vor unangenehme Entscheidungen stellen könnte!
Zitat von Harald im Beitrag #2Das Thema „Ergonomie des Gitarrenspiels“ ist schon ab der ersten Seite nahezu komplett in das Thema „Spielen mit Gurt“ abgedriftet und wurde dann im weiteren Verlauf bereits ziemlich breit diskutiert.
Also wenn niemand etwas dagegen hat, würde ich das hier gerne einen astreinen Gürtel-Diskussionsfaden eröffnen. Vielleicht gibt es dazu ja inzwischen ein paar neue Eindrücke im Vergleich zu damals.
ZitatDas Hauptproblem besteht für mich jetzt in der Frage, ob und wie ich das meiner/meinen „Guten“ antuen möchte. Eigentlich blöd, weil einem die eigene Gesundheit schon wichtiger sein sollte, als zwei zusätzliche Löcher in die Gitarre zu bohren. Brandon Acker ist da z.B. ziemlich mitleidlos!
Philosophisch gesehen könnte man Gitarren als leblose Objekte betrachten, und den Spieler als fühlendes Wesen. Ich weiß aber jetzt nicht, wie du das siehst. ;) Aber es würde ja schon ein Loch genügen, dann eben mit einem System zur Befestigung am Kopf. Und zumal sich das Loch in der Zarge ja im Notfall wieder schließen ließe, wie in dem Video behauptet, dann wäre ich da glaube ich genau so erbarmungslos wie er.
ZitatAlso um es kurz zu machen. Wenn du eine „Opfergitarre“ hast, scheu nicht es auszuprobieren, aber sei darauf gefasst, dass dich das vor unangenehme Entscheidungen stellen könnte!
Ja, ich habe da meine alte Kremona Romida. Ich habe auch kein ethisches Dilemma. Ich hab sie gefragt. Sie hat mir gesagt, sie würde sich freiwillig für das Experiment opfern.
ZitatFür mich mindestens ebenso bequem, wie mit einer gut passenden Stütze, wenn nicht sogar besser, weil man flexibler ist und lockerer spielen kann, weil die Hände & Arme von jeglicher Haltungsverpflichtung befreit sind.
Mhh, sind sie das wirklich komplett, durch den Gürtel allein? Oder anders gefragt: wie hast du diesen Zustand erreicht? Ich habe nämlich hier meine alte Westerngitarre, die zwei Gürtelbefestigungen hat, die ich also mit Gürtel spielen kann. Wenn ich mit ihr im Sitzen spiele, bemerke ich dann im Vergleich zum Stützenspiel eine sehr gewohnungsbedürftige Gewichtsverlagerung in den Bereich der linken Schulter und des Rückens, während das Stützenspiel gewichtsmäßig nur meine Beine belastet, die damit aber überhaupt kein Problem haben. Aber beim Gürtelspiel sind dann beide Hände und Arme dennoch damit beschäftigt, die Gitarre in Position zu halten, da sie ohne ihr Zutun in eine ungünstige Position absackt. Oder mache ich da etwas falsch?
Leider habe ich aber keinen direkten Vergleich mit der klassischen Gitarre, die ein Tacken leichter ist. Wie sind da deine Erfahrungen?
Der Trick mit der Gürtelschlaufe der Hose (!!!), den u.a. auch Brandon Acker empfiehlt, besteht darin, das dünne Ende des Gitarrengurtes vor der Befestigung am unteren Gurtpin durch die Gürtelschlaufe der Hose zu führen, was sowohl der Halsneigung als auch der Korpusstabilisierung zugute kommt und bei MIR den Einsatz eines zweiten (Becken-)Gurtes überflüssig macht.
So kann ich mich frei bewegen, stehen und sitzen, ohne dass sich die Position der Gitarre ändert oder ich sie irgendwie stützen müßte. Das ist sicherlich auch vom individuellen Körperbau abhängig. Ganz allgemein hilft das geringe Gewicht der Konzertgitarre dabei ebenso, wie die aufgeraute Unterseite des (in meinem Fall eigentlich zu) breiten Ledergurtes.
Ich spiele am liebsten mit Gurt im Stehen. Dabei halte ich die Konzertgitarre aber etwas anders als die Westerngitarre, die ich zuvor jahrelang im Stehen, mit Gesang, gespielt hatte. Ich nehme den Hals steil nach oben, so dass die Kopfplatte in Augenhöhe ist, wie bei der Position im Sitzen auch gewünscht. Das Schalloch befindet sich in meiner Nabelhöhe. Die Gitarre ist so immer mittig und stabil. Bei jeder anderen Art im Sitzen verdrehe ich den den Oberkörper. Ich habe schon einiges probiert. Mit Fußbänkchen oder mit Kissen, immer ist mir der rechte Oberschenkel so im Weg, dass ich den Oberkörper nach links drehe. Ich hatte keine Hemmungen in meine alte Hanika Löcher bohren zu lassen. Anders war es jetzt bei einer neueren Hanika der Oberklasse, die ich gebraucht gekauft habe, aber das tat schon weh, muss ich gestehen. Die ersten paar Tage spielte ich noch im Sitzen, aber dann dachte ich auch dass mein Spielkomfort wichtiger ist.
Das ist sehr praktikabel bei einer Laute, die zumindest in meinem Fall deutlich kürzer und leichter ist. Das hintere Gurtende wird nicht am unteren Endpin festgemacht, sondern nur durch eine daran befestigte Schlaufe geführt. Gehalten wird dieses Ende nur dadurch, dass man sich darauf setzt.
Nachfolgend ein sehr gut erklärtes Video, an dem ich mich als Vorlage orientiert habe.
Zitat von Forumsnutzer im Beitrag #1Habt ihr Erfahrungen damit? Abgesehen natürlich von der Lochbohrung, die ich aber für nicht-historische Instrumente für verkraftbar halte bzw. anscheinend (wie in dem Video erwähnt) "rückgängig" und unsichtbar machbar ist: Was sind aus eurer Sicht bedenkenswerte Vor- und Nachteile?
Bei historischen Instrumenten ist es noch einfacher, da praktisch alle Gitarren vor 1900 (und viele auch noch danach ) ohnehin einen Gurtknopf haben.
Lass dir von Geigenbauer einen schönen Holzknopf einsetzen, passend zur Zarge. Warum Geigenbauer? Die haben Knöpfe da, da Geigen und Bratschen auch einen Endknopf besitzen. Diese Knöpfe werden auch nicht geschraubt sondern lediglich gesteckt, halten aber super, da das Loch konisch ist. Wenn dir das Loch im Endklotz gefühlt zu groß ist, dann halt ein Metallknopf mit Schraube.
Das Lautenband habe ich auch mal probiert, aber ich brauche es etwas stabiler und bin zum Ledergurt zurückgekehrt. Mein Band hängt an der Kopfplatte, wobei ich immer mal die Variante mit zusätzlichem Knopf am Halsfuß probieren wollte. Ich hatte das mal an einer Akustik-Gitarre und fand das sehr bequem, die Gitarre ist aber schon lange verkauft.
Zitat von ollo im Beitrag #8Lass dir von Geigenbauer einen schönen Holzknopf einsetzen, passend zur Zarge. Warum Geigenbauer? Die haben Knöpfe da, da Geigen und Bratschen auch einen Endknopf besitzen.
Mhh, interessanter Punkt, Danke dass du das erwähst!
Ich habe nächste Woche einen Termin mit Thomas Ochs, der sich der Aufgabe annehmen möchte. Nun hatte ich ihn aber im Gespräch vorhin nicht danach gefragt. Wie siehst so etwas aus? Hättest du vielleicht einen Link? Meine Kremona hat einen Palisander-Korpus und mein Bauprojekt wird einen Korpus aus Nussbaum erhalten - falls das bei der Knopfauswahl eine Rolle spielen sollte.
Zitat von Harald im Beitrag #4Der Trick mit der Gürtelschlaufe der Hose (!!!), den u.a. auch Brandon Acker empfiehlt, besteht darin, das dünne Ende des Gitarrengurtes vor der Befestigung am unteren Gurtpin durch die Gürtelschlaufe der Hose zu führen, was sowohl der Halsneigung als auch der Korpusstabilisierung zugute kommt und bei MIR den Einsatz eines zweiten (Becken-)Gurtes überflüssig macht.
Ja, hatte ich gestern schon probiert, aber falsch befestigt. Gerade habe ich es nochmal mit meiner Westerngitarre ausprobiert - scheint zu funktionieren! Auch wenn sie 500 Gramm mehr auf die Waage bringt als meine Konzertgitarre.
Zitat von ollo im Beitrag #8Wenn dir das Loch im Endklotz gefühlt zu groß ist
Das könnte hier eventuell zum Problem werden. Denn so ein großes Loch macht niemand wieder "rückgängig". Aber eine Überlegung ist es wert. Danke für die Anregung!
Zitat von Forumsnutzer im Beitrag #1Habt ihr Erfahrungen damit? Abgesehen natürlich von der Lochbohrung, die ich aber für nicht-historische Instrumente für verkraftbar halte bzw. anscheinend (wie in dem Video erwähnt) "rückgängig" und unsichtbar machbar ist: Was sind aus eurer Sicht bedenkenswerte Vor- und Nachteile?
Bei historischen Instrumenten ist es noch einfacher, da praktisch alle Gitarren vor 1900 (und viele auch noch danach ) ohnehin einen Gurtknopf haben.
Sicher, dass Du nicht um 100 Jahre "verrutscht" bist?
Mit den Gurten hat offenbar jeder unterschiedliche Erfahrungen. Ich habe bei zwei meiner Gitarren den Knopf unten am Korpus, und das andere Ende wird an das Halsende (Wirbel) gebunden. Für eine Ukulele habe ich eine Riemen mit Kunststoffhaken, der ins Schalloch eingehakt und unter der Ukulele durchgeführt wird. Wieder andere haben einen zweiten Knopf am Korpusende des Halses. Offensichtlich gibt es auch beim Sitzen unterschiedliche Philosophien, wie die Gitarre zu halten ist - auf dem linken oder auf dem rechten Oberschenkel? Mit oder ohne Fussstütze? Hals aufwärts oder halbwegs waagerecht? Was ist richtig? Falsch? Gut? Das muss jeder schlussendlich für sich entscheiden.
Zitat von Gitarrennarr im Beitrag #12 Was ist richtig? Falsch? Gut? Das muss jeder schlussendlich für sich entscheiden.
Auffällig ist, dass die meisten/guten Klassikgitarristen die Haltung mit dem aufwärts gehaltenen Hals und der Gitarre auf dem linken Oberschenkel bevorzugen. Nur wenige spielen im Stehen oder mit waagerecht gehaltenem Hals und auf dem rechten Oberschenkel. Warum ist das so? Was sind die Vorteile bei dieser Haltung?
Das ist die klassische Gitarrenhaltung (auf dem linken Bein). Flamencogitarristen und Steelstringer spielen oft auf dem rechten Bein. In der klassischen Gitarrenhaltung hat man im Prinzip den besten Zugang der linken Hand auf das Instrument über das gesamte Griffbrett. Sie benötigt aber die Höherstellung des linken Beins, was meist durch einen Schemel erreicht wird. Diese sehr traditionelle klassische Spielhaltung ist leider sehr unergonomisch durch das Verdrehen des Körpers und führt häufig zu starken Beschwerden (Rücken, etc.). Deswegen wurden Stützen als Spielhilfen eingeführt, um trotzdem möglichst gerade auf dem linken Bein spielen zu können. Das Spielen im Stehen für die klassische Gitarre ist deutlich ergonomischer, hat sich aber im klassischen Bereich noch nicht durchgesetzt. Für Steelstrings und e-Gitarren auf der Bühne ist das Spielen im Stehen Standard. Einzelne klassische Gitarristen spielen auch mit fast senkrechtem Instrument zwischen den Beinen (z.B. Prof. Halasz) oder auch mit einem Dorn zum Aufsetzen auf den Boden wie ein Cello. Fazit zur Beantwortung deiner Frage: das Spielen auf dem linken Bein ist der vor sehr langer Zeit eingeführte Standard für die klassische Gitarre, für die Erreichbarkeit aller Teile des Griffbretts sehr vorteilhaft aber ohne Spielhilfen leider nicht sehr ergonomisch.
In der klassischen Gitarrenhaltung hat man im Prinzip den besten Zugang der linken Hand auf das Instrument über das gesamte Griffbrett.
Gruß Peter
Den "besten" Zugang über das gesamte Griffbrett. Wieso? Der Unterschied ist doch nur, dass man bei der klassischen Haltung von oben nach unten greift, und bei der anderen Haltung von außen nach innen, oder? Von außen nach innen könnte für die linke Schulter weniger belastend sein. Das spüre ich wenn ich länger in der klassischen Haltung spiele. Nach einiger Zeit ermüdet die linke Schulter.
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01.05.2025 13:09 (zuletzt bearbeitet: 01.05.2025 13:10)
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