Zitat von rwe im Beitrag #26Es kann ja auch reichen, dass es MICH selbst glücklich macht, ohne weitere Zuhörer:innen.
Das ist nur ein Teil, finde ich. Klar, ZWINGEND ist es natürlich nicht, aber es gehört nach meinem Verständnis schon dazu. Nur für mich kann ich die Noten auch lesen, da brauche ich kein Instrument. Und da muss ich auch nicht üben.
Deine Sichtweise, dass Musizieren nur im Vorspiel vor Dritten Sinn erfährt, finde ich zu bescheiden formuliert. Ich würde Dritten kein so übermächtiges Gewicht gegenüber eigener Empfindungsfähigkeit und eigener Sinnstiftung einräumen.
Daher sprach ich ja von einem Teil des Ganzen. Man sollte nicht wegen sondern für Zuhörer spielen. Den größten Teil sitzt man ja ohnehin alleine am Instrument.
Mit Verlaub : ich finde, Man SOLLTE gar nichts. Es ist schlicht zu akzeptieren, dass jemand ausschließlich für sich musizieren mag, es ist m.Mg. unstatthaft, diese Haltung auch nur zu kritisieren. Eine ehemalige Lebensgefährtin hatt vor 50 Jahren mit Klavierunterricht aufgehört, weil sie sich dem von der Musikschule verordneten jährlich einmaligen Vorspielzwang nicht unterwerfen wollte. Zu Glück hatte sie damals mich an ihrer Seite. Jörg
„Wasser ist gut darin, demütig den tiefsten Platz einzunehmen“, sagt Laozi – und gerade darin liegt seine Stärke.
Am Anfang der Performance sage ich dem Publikum immer, dass ich sehr aufgeregt bin und um Nachsicht bitte, falls ein Fehler aufgrund dessen entsteht (natürlich nur, wenn ich mich tatsächlich so fühle). Und es klappt danach meist mit der Performance wunderbar.
Ich mache dadurch mir mein Leben einfacher - warum kompliziert wenn es auch einfach geht…? Als Hobbymusiker nimmt wahrscheinlich niemand es mir übel, falls ich einen Fehler mache. Und wenn doch, ist nicht mein Problem, sondern das des anderen, weil er nicht damit klar kommen kann.
Wenn es nicht grad ein kompletter Aussetzer ist, dann ist es tatsächlich so, dass die meisten Zuhörer den Fehler gar nicht bemerken. Wenn es eine spieltechnische Unsauberkeit ist sowieso nicht, wenn man irgendwo falsch abgebogen ist oder einen kleinen Teil vergessen hat auch meist gar nicht. Deswegen ist es eine gute Übung, wenn man zuhause beim Üben nicht bei jedem Fehler abbricht, sondern sich vorstellt, das wäre jetzt die Vorspielsituation und wie kriege ich die Kurve wieder hin. Die Fähigkeit, Fehler zu kaschieren ist sehr wichtig auf der Bühne oder bei einem Vorspiel. Das kann man trainieren. In jedem Fall hilft es sehr, wenn einem nicht bei einem kleinen Fehler die Mundwinkel nach unten fallen, so das möglichst jeder es mitbekommt, sondern lächeln, es geht ja nicht um Leben oder Tod.
Was auch hilft, ist die Vorstellung, dass alle Zuhörer einem sehr wohl gesonnen sind. Das ist meistens auch so, selbst wenn es bei Einzelnen nicht so ist spielt es keine Rolle. Die Vorstellung, die meinen es alle gut mit mir und sind mir sehr wohl gesonnen hilft sehr, auch wenn man mal einen Fehler macht ist das für das Publikum nicht schlimm (sogar bei Profis nicht, wo es auch immer wieder passiert).
Ein letzter Tip von mir: man sollte gar nicht mit der Vorstellung in ein Vorspiel hineingehen, dass alles perfekt sein muss und wird. Es wird kleinere Fehler geben, z.B. technische Unsauberkeiten, aber man sagt sich, das macht mir nichts aus. Manchmal ist es dann sogar so, dass man fast etwas erleichtert und befreit ist, wenn der kleine Fehler endlich passiert ist, jetzt kann eigentlich nix mehr passieren und ich habe die Situation eines Fehlers bereits hinter mir (und ich bin nicht exekutiert worden !!! 😁).
Viele solcher Tips habe ich von Ahmed gelernt. Er sagte mir, sein Professor in Salzburg habe zu ihm öfter gesagt, er sei nicht der beste Spieler von allen, aber er würde die Fehler von allen am Besten vertuschen können.🤣
Zitat von Jörg Wagner im Beitrag #33Mit Verlaub : ich finde, Man SOLLTE gar nichts. Es ist schlicht zu akzeptieren, dass jemand ausschließlich für sich musizieren mag, es ist m.Mg. unstatthaft, diese Haltung auch nur zu kritisieren. Jörg
Es geht hier doch nicht ums Solllen oder gar ums Müssen, es geht darum das man will aber physiologisch gehindert wird. Wenn jemand nicht will ist das doch unbestreitbar in Ordnung.
Um kurz auf Peter einzugehen: du sprichst gerade nicht von Lampenfieber sondern davon wie man sich beim Auftritt souverän verhält. Das kann man in der Tat üben, und das kann ich auch ganz gut.
Zitat von ollo im Beitrag #32Man sollte nicht wegen sondern für Zuhörer spielen. Den größten Teil sitzt man ja ohnehin alleine am Instrument.
Was meinte mein Musikwissenschaftsprof sinngemäß: "Sie müssen das gar nicht spielen, es reicht, wenn Sie die Noten lesen". Ok, würde ich jetzt auch nicht vollumfänglich unterstreichen, aber...
btt: Auch wenn's doof klingt: Machen, machen, machen. Geht mir beim öffentlichen Reden so, aber eben auch beim Musizieren. Kostet Überwindung, daiuert lange, manchmal Jahrzehnte, und klappt oft auch erstmal lange Zeit nicht. - Und an die Statements #34-36 denken.
Zitat von rwe im Beitrag #38"Sie müssen das gar nicht spielen, es reicht, wenn Sie die Noten lesen"
… Machen, machen, machen. … Kostet Überwindung, dauert lange, manchmal Jahrzehnte, und klappt oft auch erstmal lange Zeit nicht.
Den Noten imaginär zu folgen bietet ja ungeahnte Möglichkeiten: heute spiele ich die Noten im Kopf im Klang einer Daniel Friedrich, morgen probiere ich mal die imaginäre 1a von Ramirez … 🙂
Spaß beiseite, der Klang eines Instrumentes als eigene wertvolle Sinneswahrnehmung ist doch gerade das, um was wir so intensiv diskutieren, wenn wir uns über Saiten, Nägel oder Instrumente austauschen. Diesen Aspekt kann ich doch auch ungestört für mich selbst ohne Vortrag vor Dritten genießen.
Deine Anregung, lieber Ollo, aus seinem Kämmerlein auch mal herauszutreten, finde ich deshalb als freiwillge (!) Wahl so wichtig, weil ich merke, dass da noch eine Hürde besteht, die mich einschränkt und eine Blockade von Freiheit im Musizieren ist.
Die Unsicherheit, die ich erfahre, wenn andere Personen zugegen sind, ist noch etwas anderes als Lampenfieber. Ich selbst empfinde das als störend und limittierend, insofern weiß ich, dass ich da für mich noch eine Aufgabe habe und danke Dir, Ollo, dass Du diesen Aspekt nochmal betont hast.
Ich würde ihn aber so formulieren: vor Dritten zu spielen ist auch ein eigener Aspekt der fortschreitenden Entwicklung mit seinem Instrument, dem wir bewußt begegnen können (und einfach mal machen, machen, machen können) … oder auch nicht.
Zitat von ollo im Beitrag #37Um kurz auf Peter einzugehen: du sprichst gerade nicht von Lampenfieber sondern davon wie man sich beim Auftritt souverän verhält.
Ich denke das ist ein Gesamtkomplex, den man nicht trennen kann. Lampenfieber ist nur ein Aspekt davon.
Zitat von Bernard im Beitrag #40Gegen Lampenfieber hab eich eine Wunderlösung : ich spiele nur zu Hause .... OK >>>> :)
Lieber Bernard, selbst wenn das lustig gemeint sein sollte, habe ich absolut Respekt für deine Entscheidung. Die Gitarrenwelt muss nicht ausschliesslich aus live performer bestehen. Eine guter Beitrag für die eigene Gesundheit und Zufriedenheit ist die eigenen stärken weiterzuentwickeln, sich zu konzentrieren an dem was man gerne tut, und wenn es die Gitarre ist und der Schwerpunkt in der Komposition, Produktion, Lehre oder sonst wo liegt, dann wird man auch dort Anerkennung und Wertschätzung finden können. Ich finde übrigens die Aufnahmen die du hier im Forum geteilt hast klasse!
Also im Jazz wird gesagt: Die Musik ist für den Zuhörer, nicht für den Spieler. Aber der erste Zuhörer ist der Spieler. Meine besten Auftritte waren die, an denen ich voll und ganz in der Musik, die ich gespielt habe versinken und sie genießen konnte. Als Solo Auftritt mit der Klassischen Gitarre ist man da besonders frei, anders als in einem Bandkontext beispielsweise. Also, liebe Kerstin: Üb weiterhin am Stück und die Stellen, die dir besonders schwer fallen, damit du dir darüber beim Vorspiel keine Sorgen machen musst. Bleib beim Vorspiel immer im Jetzt und denke nicht an einen Fehler, der vor zwei Takten passiert ist. Und spiele in erster Linie die Musik für dich und nimm dir bevor du anfängst, die Zeit, den Moment zu genießen. Hab Spaß daran, die Musik mit anderen zu teilen! Und nimm das Gefühl der Aufregung an. Es ist okay, dass es da ist und es kann auch helfen.
„Im Jetzt bleiben“ bedeutet, sich dessen bewusst zu sein, was in einem, mit einem und um einen herum gerade geschieht. Tritt ein Fehler auf und man wird innerlich unruhig, bleibt man dennoch als neutraler Beobachter präsent – mehr ist nicht nötig.
Mit der Zeit führt genau dieses bewusste Beobachten dazu, dass solche inneren Aufregungen seltener werden. Und wenn sie doch auftreten, lösen sie weniger oder gar keine Panik mehr aus.
„Im Jetzt zu sein“ heißt nicht, sich krampfhaft auf eine einzige Sache zu konzentrieren und alles andere auszublenden. Es geht nicht um Kontrolle, sondern um Präsenz.
Laozi sagt: „Der Weise handelt nicht, und doch bleibt nichts ungetan.“ „Lass los, und du wirst empfangen. Versuche zu behalten, und du wirst verlieren.“ (je bewusster man von Sachen/sich selbst ist, desto mehr kann man loslassen, und desto tiefer kann man in den Fluss der Musik beim musizieren gehen).
Zitat von Agustin im Beitrag #42Lieber Bernard, selbst wenn das lustig gemeint sein sollte, habe ich absolut Respekt für deine Entscheidung. Die Gitarrenwelt muss nicht ausschliesslich aus live performer bestehen. Eine guter Beitrag für die eigene Gesundheit und Zufriedenheit ist die eigenen stärken weiterzuentwickeln, sich zu konzentrieren an dem was man gerne tut, und wenn es die Gitarre ist und der Schwerpunkt in der Komposition, Produktion, Lehre oder sonst wo liegt, dann wird man auch dort Anerkennung und Wertschätzung finden können. Ich finde übrigens die Aufnahmen die du hier im Forum geteilt hast klasse!
Gut gesagt und vielen Dank für die Aufnahmen.
Mit Publikum habe ich aber sehr oft gespielt : - Tanzmusik während meiner gesamten Jugendzeit, ohne Lampenfieber - Einige "Klaus-Schulze-Konzerte" mit synths, Tonband und e-Gitarre. Gegen Lampenfieber, ein gutes Restaurant kurz davor. Das Fieber war gleich weg nach den ersten Noten. - Einmal ein allein-auftritt in einer Oper (in Nice), nach Maderna und Mozart, während dem Konzert des Orchesters von der Oper (das jährige Konzert ausserhalb einer Oper, nur Instrumental-Musik). Lampenfieber ganz hoch, der Dirigend hatte mich sogar, vor Publikum, eingeladen ein paar Wörter zu sagen über was ich spielen werde, was nicht vorgesehen war. Erste Sekunde total Stress, aber geleich nach dem erten Wort war das Gefühle wunderbar, in ganzer Ruhe. Während den ersten Wörter sagte ich mir innerlich "ich muss sprechen ? also werde ich das tun mit dem höchsten Vergnügen, sowas kommt mir nicht oft vor also werde ich es geniessen" ... und ich sprach ganz entspand 20 Minuten in völliger Stille, es war fabelhaft.
Was ich mich aber nicht traue, deswegen mein lustiges Kommentar, ist mit einer klassischen Gitarre alleine auf Bühne zu treten. Es wäre mir zu peinlich irgend ein Fehler zu machen, ich finde klassische Gitarre so anspruchsvoll. Was ich einmal machen werde (vielleicht ein Tip im Rahmen von diesem Faden) ist mich in einer Kirche mit der Gitarre in eine Ecke zu setzen, während Leute die Kirche besuchen, die dann distanziert zuhören können, vorbei gehen, oder sich hinsetzen.
Forum-Klassikgitarre.de
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13.06.2025 19:26 (zuletzt bearbeitet: 13.06.2025 19:27)
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