Wie gehe ich vor, wenn ich mir eine neue Gitarre bauen lassen will?

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#1 | RE: Wie gehe ich vor, wenn ich mir eine neue Gitarre bauen lassen will? datum

04.08.2024 10:15 (zuletzt bearbeitet: 04.08.2024 17:03)

Nachfolgendes Thema wurde vom Mitglied Forennutzer eröffnet:

Sollte ich ein Angebot erhalten, das mich überzeugt, wäre es dann aber das erste Mal in meinem Musiker-Leben, dass ich mir ein Instrument eigens anfertigen lassen würde. Das wirft für mich eine Reihe von Fragen auf.

Zum Beispiel sehe ich keinerlei Listenpreise auf den Seiten beider Werkstätten. Wie verhandelt man dann einen Preis?
Wie kann man sicherstellen, dass die Qualität der Gitarre stimmen wird?
Ich vermute, dass man Wunschanfertigungen nicht einfach reklamieren kann, wenn man an der fertigen Gitarre feststellt, dass die Qualität nicht den Erwartungen entspricht. Und überhaupt, wie demonstriert man unzureichende Qualität?
Ist es üblich, dass man zuvor ein Angebot erhält, in dem die Anforderungen spezifiziert werden?
Welche Fragen sollte man noch stellen?
Wie würdet ihr an so eine Anschaffung rangehen?

Beste Grüße
Forumsnutzer

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Hallo Forumsnutzer,

ich habe mir schon sehr viele Gitarren bauen lassen (viele andere im Forum natürlich auch), deshalb will ich mal versuchen zu schildern wie dies bei mir normalerweise abläuft.

Zunächst suchst du dir für das erste Gespräch natürlich einen Gitarrenbauer/in heraus, von dem du überzeugt bist. Entweder aus Empfehlungen oder aus eigener Erfahrung oder aus Instrumenten, die du von ihm/ihr gespielt hast. Listenpreise werden auf den Websites manchmal angegeben für die Standardmodelle, aber wenn du Sonderwünsche hast gibt das lediglich einen Anhaltspunkt. Im ersten Gespräch klärt man, was man will und ob der Gitarrenbauer dies machen kann und will und auch in welchem Zeitraum. Wenn alle Sonderwünsche besprochen sind (Modell, Hölzer, Mensur, Breite Griffbrett, Verzierungen, 12-Loch-Steg, Armauflage/Bevel, Soundhole, etc.) und machbar, dann sollte die genaue Beschreibung schriftlich festgehalten werden, z.B. in einer Mail. Ich bespreche auch immer, welche Korpusresonanz ich gerne haben will, weil ich weiß, dass mir Gitarren mit tieferer Resonanz F oder F# oder sogar noch tiefer klanglich besser gefallen als solche mit G, G# oder A. Soll das Griffbrett gewölbt sein oder gerade? Lackierung (oft Schellack, zunehmend nur Decke Schellack und Boden Zargen Nitro o.ä., da dies unempfindlicher ist). Fächerbundierung? Sonderwünsche machen das Instrument natürlich immer teurer. Koffer dabei? Welcher? Abholung oder zuschicken? Wenn das alles geklärt ist und ok inkl. Lieferzeit dann halten manche Bauer dies schriftlich in Form eines Vertrages fest, viele aber auch nicht, das geht dann einfach durch die Absprache (in diesen Fällen auf jeden Fall eben die Absprache irgendwie schriftlich festhalten). In vielen Fällen wird dann eine erste Anzahlung sofort fällig. Es sollte auch geklärt werden, was passiert, wenn dir die Gitarre nicht gefällt (kann sie nicht genommen werden? Oft wird dann die Anzahlung einbehalten). Auf jeden Fall wird der Gitarrenbauer dann sagen, was er für diese spezifizierte Gitarre dann haben möchte.
Man kann sich natürlich auch vom Gitarrenbauer mehr beraten lassen, wenn man sich selbst noch nicht so sicher ist. Dann sollte man schildern, was man darauf so spielen will (Klassik, anderes), evtl. auch mal vorspielen. Er/sie wird dann Empfehlungen abgeben, orientiert daran was er/sie gut kann und meist macht.

Du frägst was man macht, wenn die Qualität nicht stimmt am Ende. Da muss man erst mal klären, was denn Qualität hier bedeutet. Offensichtliche Mängel, z.B. am Lack, Bünde unsauber, etc. sind natürlich sofort zu beanstanden bei der Übergabe. Wenn das allerdings vorkommt, dann hat man vermutlich ohnehin keine gute Wahl getroffen. Schwieriger wird es beim Klang. Deutliche Wolfstöne testen, dass kann man auch reklamieren (sh. Beitrag von Bertram). Wenn Töne deutlich kürzer klingen (oft der Fall C und C# auf der hohen E-Saite), da wird es schon subjektiver. Ganz schwierig wird es, wenn dir der Klang einfach nicht gefällt. Da läuft die Diskussion dann oft so ab: "Ja, die muss natürlich noch eingespielt werden, speziell bei Fichte, die wird schon noch" oder "ja, mit anderen Saiten klingt dies anders" (deswegen entweder vorab mitteilen, welche Saiten man drauf haben will oder Wechselsaiten mitnehmen). Nach 6 Monaten, wenn man dann immer noch nicht vom Klang überzeugt ist, dann hat man schon sehr große Zweifel, ob es denn die richtige Gitarre ist. Die wird dann meist wieder verkauft, leider nur mit großem Preisabschlag. Das ist halt das generelle Risiko der Bestellung einer neuen Gitarre, die man - um Gegensatz zu einem Gebrauchtkauf - vorher nicht testen kann. Deswegen für mich: wenn man sich eine Gitarre bauen läßt muss man schon ziemlich genau wissen, was man will und sich auch gut auskennen. Ansonsten ist das Risiko halt sehr hoch. Man sollte zumindest schon sehr viel angespielt haben.

So dass war mal so ein erster Rundumschlag, andere können hier sicher noch ergänzen bzw. ihre Erfahrungen mitteilen.

Gruß
Peter

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