Zitat von Zugvogel im Beitrag #15… Gibt es sehr klare Empfehlungen für einen shop zum Stöbern? …
Frau Enders von classical-strings.de! Das Erscheinungsbild ihrer Angebotsliste ist zwar etwas schlicht, dafür suchen Preise, Beratung und Lieferperformance ihresgleichen.
Zitat von Harald im Beitrag #14Aquila Ambra 800/900 gibt es wohl schon gut 15 Jahre. Anfangs hatten die Bässen einen Seidenkern und seit gut 5 Jahren einen synthetischen Kern aus Rayon-Fasern.
Wirklich Rayon-Fasern? Rayon ist eine Viskose-Faser, also nicht synthetisch, sondern aus Zellulose, die in Schwefelkohlenstoff aus dem Holz gelöst und dann daraus in reiner Form ausgefällt wird. Der weitere Vorgang der Verspinnung ist dann wie bei anderen Kunstfasern. Sie wurde aufgrund ihrer weichen Struktur auch als Kunstseide bezeichnet. Da aber Zellulose ein Zuckerpolymer ist, hat die Viskose eine sehr hohe Affinität zu Wasser.
Die durchschnittliche Wasseraufnahmefähigkeit von Rayon-Fasern bei Zimmertemperatur liegt im Bereich von 11% bis 14% (damit höher als bei Baumwolle). Das wird in der Textilindustrie als besonderer Vorteil dieser Faser gesehen. Zur Erinnerung: Bei Nylon beträgt die Wasseraufnahme bei Zimmertemperatur und 50% Luftfeuchtigkeit ca. 3% und bei PVDF 0,04%.
Im Sommer bei schwülem Wetter und wenn die Finger leicht schwitzen, findet diese Wasseraufnahme von Saiten tatsächlich statt. Je höher die Aufnahmefähigkeit ist, desto mehr wird auch tatsächlich aufgenommen.
Ich höre bereits bei Nylonsaiten im Sommer bei feucht-warmem Wetter, dass sie stumpfer werden, nicht dagegen die Carbon- (PVDF) Saiten. Wie wird das dann bei Rayon sein? Das gilt dann nicht nur für feucht warmes Wetter, sondern auch für längeres Spielen, da die Finger immer etwas Feuchtigkeit abgeben. Rayon-Fasern trocknen übrigens sehr langsam. Wenn die wirklich einen Kern aus Rayon haben, bin ich diesen Saiten gegenüber zumindest mal sehr skeptisch. Die Feuchtigkeitsaufnahme wird sich mit Sicherheit auf den Klang auswirken.
Von der ersten Beschreibung denke ich auch in die Richtung Aquila Ambra 800 oder 900. Die Rayon Bässe sind relativ neu, ca 5 Jahre so dass es sich wenn die Saiten alt sind auch noch um die Vorgänger handeln kann.
Insgesamt sind Aquila Saiten aber recht exotisch und nicht so schrecklich verbreitet. Auf Delcamp ist die Diskussion vor ca 5 Jahren richtig los gegangen. Ist es denn wahrscheinlich das wer auch immer die Saiten dadrauf gemacht hat exotische Saiten gewâhlt hat?
Falls man eher an ein „Mainstream“ Produkt denken muss, würde ich von der Beschreibung an Savarez Alliance oder die 520 denken.
If you got to the end of a vocal and you got nothing more to say, but maybe the guitar has ...
Zitat von HarVo im Beitrag #17…Wirklich Rayon-Fasern? Rayon ist eine Viskose-Faser, also nicht synthetisch, sondern aus Zellulose, die in Schwefelkohlenstoff aus dem Holz gelöst und dann daraus in reiner Form ausgefällt wird. Der weitere Vorgang der Verspinnung ist dann wie bei anderen Kunstfasern. Sie wurde aufgrund ihrer weichen Struktur auch als Kunstseide bezeichnet. Da aber Zellulose ein Zuckerpolymer ist, hat die Viskose eine sehr hohe Affinität zu Wasser.
Die durchschnittliche Wasseraufnahmefähigkeit von Rayon-Fasern bei Zimmertemperatur liegt im Bereich von 11% bis 14% (damit höher als bei Baumwolle). Das wird in der Textilindustrie als besonderer Vorteil dieser Faser gesehen. Zur Erinnerung: Bei Nylon beträgt die Wasseraufnahme bei Zimmertemperatur und 50% Luftfeuchtigkeit ca. 3% und bei PVDF 0,04%.
Im Sommer bei schwülem Wetter und wenn die Finger leicht schwitzen, findet diese Wasseraufnahme von Saiten tatsächlich statt. Je höher die Aufnahmefähigkeit ist, desto mehr wird auch tatsächlich aufgenommen.
Ich höre bereits bei Nylonsaiten im Sommer bei feucht-warmem Wetter, dass sie stumpfer werden, nicht dagegen die Carbon- (PVDF) Saiten. Wie wird das dann bei Rayon sein? Das gilt dann nicht nur für feucht warmes Wetter, sondern auch für längeres Spielen, da die Finger immer etwas Feuchtigkeit abgeben. Rayon-Fasern trocknen übrigens sehr langsam. Wenn die wirklich einen Kern aus Rayon haben, bin ich diesen Saiten gegenüber zumindest mal sehr skeptisch. Die Feuchtigkeitsaufnahme wird sich mit Sicherheit auf den Klang auswirken.
Hallo Hartmut,
Vielen Dank für diese hoch interessante Aufklärung! Laut Mimmo Peruffo von Aquilacorde wurde der Seidenkern wirklich durch Rayon-Faser ersetzt. Ich kann auf Anhieb nur nicht sagen, wo die Quelle dafür zu finden ist. Im Delcamp Forum und/oder auf der Aquila Webseite.
Was die Wasseraufnahme von Rayon Bässen betrifft, so brauchen sie relativ lange, bis sie stimmstabil sind, was bei Aquila Saiten jedoch nicht außergewöhnliches ist. Anfangs klingen sie relativ stumpf und entwickeln erst nach und nach ihre Tonqualität, die sie für meinen Geschmack dann aber auch überdurchschnittlich lange behalten. Fairerweise darf man natürlich auch nicht verschweigen, dass sie deutlich weniger Brillianz und „Punch“ haben als „normale“ Bässe, so dass der Kontrast zwischen neu und gespielt weniger krass ausfällt.
Die letzten Rayon 800 Bässe habe ich nach etwa 1,5 Jahren gewechselt, wobei die zugegebenermaßen schon zwei, drei Monate überfällig waren.
Die Frage, ob bei Aquila wirklich klassische Rayon-Fasern im Kern eingesetzt werden oder nicht hat mir dann doch keine Ruhe gelassen!
Auf der Aquilacorde Webseite heißt es etwas nebulös, wie bei vielen (nicht nur) Saiten-Herstellern „… Basses have a silver-plated copper winding over a special multifilament that we call ‘Rayon’ …“!
Im Delcamp-Forum wurde es dann etwas deutlicher, ausgehend davon, dass es sich um eine Naturfaser handelt bis an den Punkt, dass Mimmo vielsagend von einer speziellen (!) Rayon-Mischungsvariante sprach.
Das läßt vermuten, dass es sich sehr wahrscheinlich um eine dem Rayon sehr ähnliches Multifilament-Variante handelt, was letztlich nichts ändert, dass die Rayon Bässe nicht nur in meinen Ohren richtig gut, aber auch vollkommen anders klingen, als die meisten „üblichen“ Basssaiten klingen!
Zitat von Harald im Beitrag #20over a special multifilament
Das bedeutet, dass es eine Mischung verschiedener Faserarten ist. Die werden viel Zeit investiert haben, verschiedene Mischungen auf ihr Schwingungsverhalten zu prüfen. Es ist ja ähnlich mit dem Nylgut und New Nylgut. Auch das sind Mischungen verschiedener Polymere. Diese werden in der Schmelze gemischt und daraus die Saiten gezogen. Nach Angaben auf Chemie-Seiten soll sowohl Nylon als auch Fluorocarbon darin enthalten sein. Nach eigenen Angaben des Herstellers sind sie weder aus Nylon noch aus Fluorocarbon, ohne dass er behauptet, die Komponenten seien nicht darin enthalten. Es wird geheim gehalten. Man könnte es analysieren, aber solange niemand einen Nutzen darin sieht, die 5-stelligen Kosten zu tragen, wird es ein Geheimnis bleiben. Solange die Konkurrenten ihre eigenen Mischungen für besser halten, benötigen sie diese Analyse nicht.
Ich frage mich nur, ob niemand in den Mischungen auch Polycarbonat oder Polyester verwendet. Beide wären sehr zugfest. Vielleicht spricht aber die Steifigkeit beim Polycarbonat gegen gutes Schwingungsverhalten. Vielleicht werden diese Polymere auch verwendet. Vielleicht sind es Bestandteile der Geheimnisse. Die Fluorocarbon-Schnüre haben übrigens zuerst als Angelschnüre eine sehr weite Verbreitung gefunden, bevor sie von den Saitenherstellern entdeckt wurden.
Zitat von HarVo im Beitrag #21Nach Angaben auf Chemie-Seiten soll sowohl Nylon als auch Fluorocarbon darin enthalten sein. Nach eigenen Angaben des Herstellers sind sie weder aus Nylon noch aus Fluorocarbon, ohne dass er behauptet, die Komponenten seien nicht darin enthalten.
Ich bin kein Chemiker, meine aber mal gelesen zu haben, dass man Nylon und Flourocarbon nicht miteinander vermischen und weiterverarbeiten kann. Keine Ahnung ob das stimmt, wüsste ich aber gerne.
Zitat von HarVo im Beitrag #21Die Fluorocarbon-Schnüre haben übrigens zuerst als Angelschnüre eine sehr weite Verbreitung gefunden, bevor sie von den Saitenherstellern entdeckt wurden.
Genau genommen haben die Lautenisten die Angelschnur "entdeckt". Nylonsaiten sind für Lauten einfach zu dick, und Darm ist sehr teuer. Außerdem gibt es Angelschnüre auf 50 Meter-Rollen, bei den langen Saiten war das eine willkommene Alternative.
Zitat von ollo im Beitrag #22... Ich bin kein Chemiker, meine aber mal gelesen zu haben, dass man Nylon und Flourocarbon nicht miteinander vermischen und weiterverarbeiten kann. Keine Ahnung ob das stimmt, wüsste ich aber gerne.
Mimmo hat im Delcamp-Forum mehrmals explizit ausgedrückt, dass Nylon, d.h. Polyamid, und Fluorocarbon aus technischen Gründen, die sich meiner Kenntnis entziehen, nicht mischbar sind! Anlass waren stets die Aussagen anderer Hersteller wie z.B. Augustine oder Dogal, die genau damit werben. Interessanterweise haben diese „vermeintlichen Mischsaiten“ absolut typische Nylonabmessungen!?
@Hartmut: Laut Mimmo gehören Nylgut und New Nylgut zur Polyester-Gruppe und werden größtenteils aus Zuckerrohr gewonnen. Die Produktbezeichnung "Sugar" kommt da nicht von ungefähr. Der Zaffiro Diskant besteht z.B. zu 100% aus nachwachsenden Rohstoffen!
Die Herstellung von echtem Bio-Polyester (also wirklich ganz auf Bio-Grundlage) wird in aktuellen Forschungsprojekten entwickelt, zum Beispiel an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg. Die Entwicklungen zu Bio-Polyester beruhen auf Glycerin, das bei der Biodiesel-Herstellung anfällt und Zuckern wie Xylitol und Sorbitol (beide nicht aus Zuckerrohr). Von einer industriellen Produktionsreife ist das noch weit entfernt.
Das was bisher als Bio-PET angeboten wird (PET = Polyethylenterephthalat, die derzeit gängigste Polyesterart), wird auf Basis von 70% Terephtalsäure (aus Erdöl) und 30% "Bio-Monoethylenglycol = Bio-MEG" hergestellt. Rohstoff für das Bio-MEG ist Alkohol, der durch Zuckerrohrvergärung gewonnen wird. Für die Destillation des Alkohols wird auch viel Energie benötigt. Somit ist das "Bio" bei Bio-PET ziemliche Augenwischerei!
Wenn es Saiten auf dieser Basis sind, ist es immerhin Polyester der PET-Art. Das würde meine Frage beantworten, ob dieses Material nicht auch für Saiten geeignet ist, was ich eigentlich schon lange vermutet hatte. Die sollten sich deutlich weniger dehnen als Nylon. Aber es gibt unterschiedliche Polymerisationsgrade und damit viele Möglichkeiten verschiedener Eigenschaften.
Zur Frage der Mischung von PVDF und Nylon: Das geht durchaus, aber die kristallisieren in der Mischung nicht gemeinsam, sondern in gemischter Mikrostruktur. Sie beeinflussen sich dabei gegenseitig deutlich. Es kann sein, dass man damit keine wirklich homogen gleichmäßigen Fasern hinbekommt und daher die Aussage herrührt "geht nicht". Voll-fluorierte Kunststoffe lassen sich kaum mit anderen mischen, aber PVDF ist ja nur zur Hälfte fluoriert und damit nicht so abstoßend gegen alle anderen Materialien wie PTFE.
Die immer wieder zu lesenden Angaben "Compound" bedeuten ja nur, dass der Kunststoff mit irgendetwas gemischt ist. Es gibt PVDF-Compound mit Kohlenstoff. Die Faser wäre schwarz und elektrisch leitend. Vielleicht entdecken die irgendwann die E-Gitarristen? Es gibt PVDF-Compound mit Kohlefaser, Glasfaser und sogar mit Hanffaser. Wenn wir also hin und wieder lesen Saiten seien aus "Carbon- und Nylon-Compound", muss das weder bedeuten, dass es Compound dieser beiden gemeinsam ist, noch, dass die jeweilige Zusatzkomponente überhaupt ein Kunststoff ist. Nur eins weiß ich ganz sicher: Es sind die Betriebsgeheimnisse der Hersteller.
Und zum Thema 100% Bio-Nylon, wie vom Hersteller für den Zaffiro Diskant angegeben: Das ist bisher nur von der japanischen Firma Toray und erst seit 2022 bekannt. Das wird aus Rizinusöl und Mais hergestellt, ist aber in der Struktur ein normales Nylon (Nylon-510-Faser, die 510 charakterisiert eine bestimmtes Nylonart). Wenn es von Aquila verwendet wird, können sie es nur von Toray beziehen.
Grüße, Hartmut
Folgende Mitglieder finden das Top: rwe und HaraldHarald und ollo haben sich bedankt!
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04.11.2024 23:13
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