Ich weiß, wahrscheinlich ist hierzu auch schon (fast) alles bedacht und geschrieben worden, aber ich finde es auffällig, dass sehr häufig bezüglich der Bespielbarkeit auf den Aspekt der Mensur und weniger auf das Halsprofil eingegangen wird. Das sind natürlich unterschiedliche Dinge, aber ich kann mich erinnern, dass mich bei meiner Suche nach dem Gitarrenbauers meines Vertrauens und der Gitarre meiner Träume der Hinweis erreichte, sich nicht nur oder zu schnell auf die Mensur zu konzentrieren, (ich habe auch relativ kleine Hände und bin auch nicht mehr der Jüngste und das jetzt gewählte Instrument soll ja im Zweifel mit 80 gut bespielbar sein) sondern eben die Möglichkeit unterschiedlicher Halsprofile mit zu bedenken. Leider wird dazu bei der Beschreibung von Gitarren (im Gegensatz zur Mensur oder ggf. auch der Breite des Griffbretts) meist wenig gesagt, was wahrscheinlich daran liegt, dass zwischen C-Profil und D-Profil ein entsprechender nicht eindeutig zuzuordnender Bereich liegt? Ich habe mich dann einerseits tatsächlich für eine kleinere Mensur entschieden und andererseits das Halsprofil von meinem alten Instrument (eher c-Profil) übernommen bzw. das Profil dem Gitarrenbau als Vorlage geschickt. Nach diesen umständlichen Erläuterungen hier meine Fragen: 1. Gibt es über das entscheidende Moment des individuellen Spielgefühls hinaus bauliche, ergonomische oder gar klangliche Aspekte die bezüglich des Halsprofils bedeutsam sind. 2. Neben meiner Tobias Berg (eher C-Profil) spiele ich noch die Hannabach (eher D-Profil), was mich im Großen und Ganzen zwar nicht stört, aber vermutlich doch mit einer gewissen Veränderung der Handposition verbunden sein dürfte. Das ist für die Hand sicher prima, aber hat das vielleicht auch Auswirkungen auf die Spieltechnik?
Tatsächlich scheints auch mir, dass das Halsprofil wenig Erörterung erfährt. So erfährt man auf den Webseiten der Manufakturen (nicht jeder kann sich eine Gitarre bauen lassen) wenig über das Halsprofil - die Fa. Hanika ist da eine löbliche Ausnahme, die in den Optionen auch noch genau beschreibt was C-1 zB in Maßen ausgedrückt bedeutet. Auch ich tendiere zum C Profil, wobei mir dieses Profil besonders auf der Oberseite entgegenkommt, weil dann der Daumen bequem liegen bleibt. Wie dünn ein Hals sein kann ohne statische Einbußen zu erleiden, weiß ich nicht. Es soll ja verzogene Hälse geben. LG Wolfgang
Gutes Thema. C- oder D-Profil sind ja nur zwei Möglichkeiten. Heute „etabliert“, wer nichts falsch machen will baut eben so. Ich habe schon sehr viel dünnere und flachere Hälse gesehen. Mir lag das sehr. Verziehen muss sich da gar nichts, mehrschichtiger Aufbau oder Carbonstäbe kriegen das schon hin.
Aber zu deinen Fragen: 1) Das Profil hat wenig Einfluss auf den Klang, die Masse aber schon. Auch die Steifigkeit des Gesamtsystems ändert sich. 2) Das ist wohl sehr individuell, Veränderungen kann ich mir aber gut vorstellen.
Hals und Bespielbarkeit werden auch meinem Eindruck nach eher wenig thematisiert.
Derzeit habe ich die D’Addario EJ wieder entdeckt und auf zwei Gitarren aufgezogen: Auf einer mit schmalerem Hals sind die Hard Tensions für die linke Hand genauso bequem zu spielen wie die Normal Tensions auf einer mit dickerem Hals. Schon sehr interessant …
Wie erkennt man eigentlich bei einer Gitarre, welches Profil sie hat?
Hanika erläutert das sehr schön, und die Skizzen zeigen gut, dass die Tiefe des Halses („Griffbrett zu Daumen“) variiert werden kann und auch dass das Profil des Halses an der Daumenseite mal eher tendenziell abgeflacht und mal eher tendenziell rundlicher sein kann.
Soweit die Theorie und Hanikas Abmessungen.
Aber einen Standard oder Messlehren dazu gibt es nicht, jeder Hersteller arbeitet anders. Und leider finde ich nur ganz selten bei Gitarren neben der Eigenresonanz Angaben zum Halsprofil.
Klar, was klanglich und ergonomisch passt, merkt man ja beim Probespielen. Aber es erschließt sich mir nicht, warum diese Angaben oft fehlen.
Danke für den Hinweis auf die Skizze von Hanika. Demnach wäre es so, dass das C-Profil wohl tendenziell für kleinere Hände besser wäre. Was ich nicht ganz verstehe - bzw. was nicht erläutert wird - ist der Fakt, dass D1 maßgeblich für die Basis- und Mittelklasse, C1 dann für die Meisterklasse verwendet wird. Gut, möglicherweise könnte man sich das für die Meisterklasse auch einrichten lassen.... Mir ist der Unterschied in der Halsprofilierung mal extrem bei Siccas aufgefallen, als ich (nach anderen Instrumenten) eine Gitarre von Eduardo Duràn Ferrer in die Hände bekam. Dafür müsste Hanika wahrscheinlich noch eine extra Skizze anfertigen, wirklich extrem abgeflacht und dünn. Das war zunächst sehr angenehm, aber irgendwie doch ungewohnt, und wenn etwas so extrem anders ist bzw. sich anfühlt, ist man ja skeptisch. Auf den Seiten von Guitarras de luthiers wird eine seiner Gitarren auch mit dem Hinweis auf die Halsprofilierung beworben, sehr leicht spielbar zu sein. Dann erfolgt noch ein Hinweis auf die Ähnlichkeit mit Flamenco-Gitarren. Dass da die Saitenlage niedriger ist, war mir schon klar, ist das Halsprofil da aber generell stärker im C-Bereich? (kenne mich mit Flamenco-Gitarren nicht aus)
Der Schluss, den Hanika hier nahe legt, ist, dass Meister-Gitarristen kleine Hände haben. Mist, ich habe große Hände … wird wohl nix mit der Profi-Karriere 🙂🙂🙂
Zitat von Gitarrenmichel im Beitrag #1<...> ich finde es auffällig, dass sehr häufig bezüglich der Bespielbarkeit auf den Aspekt der Mensur und weniger auf das Halsprofil eingegangen wird.
Für mich ist das Profil sogar relevanter als die Mensur und teilweise auch als die Breite. Die "Tama-Kohno" hat einen sehr dicken Hals, der mir nicht besonders gut gefällt, und mit dem ich meine Grenzen schneller erreiche; die Hopfens und Krempels sind da für mich deutlich besser - und das für mich beste Profil hat eine alte DDR-Musikschulgitarre (Flohmarktfund für einen einstelligen Betrag, mit "Pfaff" gelabelt)
Zitat von Gitarrenmichel im Beitrag #9Dann muss es wohl das Brett bleiben, wie Harald so treffend bemerkte!
Meine Erfahrung geht in die andere Richtung. Ich habe „normal“ große Hände und komme mit flachen Halsprofilen nicht so gut zurecht wie mit dickeren. Bei flacheren Profilen verkrampft sich meine linke Hand schon mal eher. Bei etwas dickeren Profilen ist die linke Hand in der Regel irgendwie entspannter.
Der Hals einer Gitarre ist ein komplexes System und setzt sich meiner Erfahrung und Meinung nach aus vielen Teilen zusammen. Die Griffbrettbreite vom ersten Bund bis zum Hals-Korpusübergang ist ein Teil, ebenso die Halsdicke über dem bespielbaren Teil des Halses sowie die Wölbung aka Profil und die Bauart über der Decke. Das spielt alles zusammen und muss mit der Hand des Musizierenden in Harmonie kommen.
Ich finde sehr flache Hälse bei klassischen Gitarren (Griffbrettbreite 50-52 mm) toll, liebe aber auch bei schmalen Hälsen dicke runde Hälse. Zu große Breiten zum 12. Bund hin bringen mich in Nöte (viele E-Bässe, manche Gitarren). Ich habe kurze Finger und bevorzuge meist die Hälse, die viele andere nicht mögen.
Meine Gitarre hat ein deutliches D-Profil, welche Art von Profil meine früheren Gitarren hatten, weiß ich nicht. Das Cello hat ein C-Profil, weitaus ausgeprägter als die Darstellungen von Hanika für Gitarrenhälse mit C-Profil; und ist dabei nicht dünn (und das Griffbrett ist gerundet im Gegensatz zur Gitarre). Der Vergleich hinkt daher ein wenig. Aber auf dem Cello fällt es mit leichter, den linken Daumen korrekt zu positionieren.
Ich glaube es ist alles Gewohnheit. Der Gitarrenbauer sieht die Gitarre als ganzes. Die Mensur wird total überbewertet ebenso das Halsprofil. Meine Erfahrung ist das durch ein flaches D Profil eine längere Mensur in der Bespielbarkeit ausgeglichen wird. Ich spiele heute fast nur noch Flamenco. Ich besitze zwei Flamenco Gitarren, eine mit 650 Mensur und C Profil am Hals und die zweite mit 664 Mensur und einem flachen D Profil. Die 664er lässt sich für mich viel leichter und besser Spielen. Wie gesagt für mich, das bedeutet nicht das es einem anderen Gitarristen genau so ergeht. Gitarrenmichel fragt ob es bei einer Flamenco Gitarre Unterschiede im Hals gibt zur Klassischen Gitarre. Nein, der Hals ist ebenso aufgebaut wie bei einer Klassischen Gitarre. Die älteren Flamenco Gitarren wie die von Ramirez oder auch Conde hatten ein starkes C Profil. Durch die schnellere Spieltechnik im modernen Flamenco verlangten Gitarristen, Gitarren die ihrem Spielstil entgegen kamen. Die gesamt dicke des Halses hat natürlich auch einen starken Einfluss. Probieren geht über studieren, einfach jede Gelegenheit nutzen und andere Gitarren anspielen und zwar unabhängig von der Mensur Größe.
Das Leben ist zu kurz um schlechte Gitarren zu spielen.
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16.05.2023 09:51
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