Kennt jemand das Phänomen? Ich beschreibe mal: von Beginn an also quasi seit 14 Jahren neige ich dazu,beim Greifen eher Richtung Kopfplatte zu gehen,anstatt ans Bundstäbchen. Mir ist das bewusst, ich habe das 100te Male in Zeitlupe geübt etc.dennoch ertappe ich mich bis heute dabei, dass - wenn ich blind spiele - ich nach einer Zeit wieder viel zu weit vom Bundstäbchen aufsetze. Es wird besser, wenn ich ein Stück mal kann, neue Stücke, Tonarten-/ Lagenwechsel und schwupp, schaue ich zwischendurch hin, wieder Tendenz Kopfplatte. Das macht es natürlich bei langen Wegen nicht ei fächer...
Folgendes ist einen Versuch wert: Spiele langsam eine Notenfolge, bei der du immer ein oder zwei Bünde überspringen musst, wenn du auf dem Spung zum nächsten bist, visiere diesen bzw das Bundstäbchen bewusst mit den Augen an. Bei mir klappt es, dass ich so präziser den Finger aufsetze. Vielleicht hilft es etwas ???
Eine Überlegung wert wäre es, die Handhaltung mal anzusehen. Hast du eine Lehrkraft für Gitarre? Wurdest du mal auf deine Handhaltung aufmerksam gemacht? Eventuell liegt da auch das Problem. Manche meiner Schüler, die auch später die Tendenz hatten, weiter hinten zu greifen, hatten ein generelles Problem mit ihrer Greifhand. Das, im wahrsten Sinne des Wortes, in den Griff zu bekommen, ist vor allem wichtig, damit du keine unnötige Kraft verschwendest. Weiter am vorderen Bundstäbchen zu greifen, benötigt ja weniger Kraft. Meine ehemalige Sehnenscheidenentzündung unterstützt diese Aussage
Ich würde vermuten, dass evtl. der linke Ellenbogen nicht entspannt der Schwerkraft eher Richtung nach unten zeigt, sondern tendenziell nach links außen gedreht ist und nach links zeigt? Evtl. auch erst im Verlauf des Spiels mit zunehmender Anspannung?
Ich habe einen lehrer, der weist mich natürlich auf den Fehler hin, wenn es kommt. Ich teste/beobachte mal das Beschriebene und gebe Rückmeldung. Ellenbogen bisweilen nach links außen gedreht würde ich sagen: kommt vor.
Ist vielleicht ein ungewöhnlicher Gedanke, aber vielleicht hast du zu Beginn irgendwann mal den Sattel mitgezählt? So das du dich als Folge davon unbewusst immer nach links orientierst, wenn du einen Bund/Lage suchst. Also das für dich (unbewusst) der "erste Bund" aus dem Sattel und der folgenden Holzfläche besteht, der "zweite Bund" aus dem ersten Bundstäbchen (2, wenn man den Sattel mitzählt) und der der folgenden Holzfläche usw.
Ansonsten hilft vielleicht ein Instrument mit kürzerer Mensur.
Zitat von Stefan im Beitrag #6Ansonsten hilft vielleicht ein Instrument mit kürzerer Mensur.
Das klingt erst mal etwas einfach, aber es hat was... Denn ich hatte niemals diese Betrachtung. Ich hab relativ große Hände und das war niemals ein Problem, über das man nachdenken musste (ich hab dafür Probleme mit den Nägeln). Eine ehemalige Quartettkollegin hatte eine Marin speziell für sie von Santiago Marin gemacht mit kürzerer Mensur. Das hatte einiges in Ordnung gebracht. Interessant, @Kerstin, wäre ein Video von Deinem Spiel, damit man es irgendwie beurteilen kann, oder die Infos, wie groß Du bist und welche Mensur Deine Gitarre hat.
Vorweg: ich selbst habe das Problem nicht - daher könnte mein Tip unpassend sein. Es gibt die Spieltechnik "Ètouffé" ("erstickt"). Dabei greift man nicht vor dem Bundstäbchen, sondern auf dem Bundstäbchen. Das ergibt einen arg abgedämpften Ton. Vielleicht mal ausprobieren, ob dich das in die richtige Richtung bringen kann.
Mir geht das auch oft so wie dir, Kerstin. Ich kann nicht wirklich sagen woher das letztendlich kommt. Kurze Finger machen es nicht leichter. Eine kürzere Mensur ist eine Überlegung, aber ein kleinerer Korpus oder ein schmalerer Hals helfen ebenso. Und eine andere Sitzposition, z.B. mal sehr viel höher, quasi als Stehhilfe statt als Stuhl.
Die Ergonomie Musiker/in - Instrument ist ein komplexes System. Ich suche immer noch, bin aber zugegebenermaßen nur halbherzig bei der Sache.
Zitat von Stefan im Beitrag #6Ansonsten hilft vielleicht ein Instrument mit kürzerer Mensur.
Das klingt erst mal etwas einfach, aber es hat was... Denn ich hatte niemals diese Betrachtung. Ich hab relativ große Hände und das war niemals ein Problem, über das man nachdenken musste (ich hab dafür Probleme mit den Nägeln). Eine ehemalige Quartettkollegin hatte eine Marin speziell für sie von Santiago Marin gemacht mit kürzerer Mensur. Das hatte einiges in Ordnung gebracht. Interessant, @Kerstin, wäre ein Video von Deinem Spiel, damit man es irgendwie beurteilen kann, oder die Infos, wie groß Du bist und welche Mensur Deine Gitarre hat.
Ich werde mich mal filmen bzw alte Aufnahmen raussuchen. Ich spiele eine Flamenca mit 63 er Mensur, sprich niedrige Saitenlage und damit wenig Druck erforderlich. Und wie gesagt, es geht, aber es ist nicht die unbewusste Handlung, die ich mir wünsche.
Danke an alle, ein Gedanke/ eine Frage dazu: übt ihr das blinde Blattspiel, also die Treffsicherheit beim Greifen oder schaut ihr beim Spiel auch mal nach links? Ich versuche gerade, das bis zum V Bund noch intuitiver zu schaffen, vielleicht ist das noch als Hintergrund wichtig für die Bundstäbchenproblematik.
Die Idee mal direkt das Stäbchen als Zielpunkt zu setzen, finde ich gut. Das werde ich mal versuchen.
Hallo Kerstin, wenn man ein Omelett machen will, muß man ein Ei zerbrechen, will sagen : es gibt keine Tricks und manche von den gegebenen Tips halte ich für Umwege. Es geht darum, Dass Du Dir angewöhnen willst, dicht am Bund zu platzieren, also wirst Du genau das üben müssen. Bei Repertoirestücken, die Du Auswendig kannst, ist das enfach, da helfen Dir Deine Augen, das hohe Ideal des "Blindspielens" bringt Dir sicher nicht die gewünschte Präzision. Setze Dich vor einen Spiegel und beobachte dann Deine Greifhand, vernachlässige alle Parameter (Musikalität, Tempi etc.) und mache das genau und kompromisslos, also ganz eindimensional. Von Agustin Barrios wird berichtet, er habe einen Beutel mit 100 Kaurimuscheln benutzt und für jeden astreinen Übedurchgang eine Muschel in einen zweiten Beutel umgefüllt. Falls beim 99-ten Duchgang ein Malheur passiert, fing erwieder bei Null an. Ich habe herausgefunden, dass das auch mit Glasklickern, Gummibärchen etc. funktioniert, und auch, wenn man weniger als 100 benutzt. Bei mir sind es 10. Bei ehrlichem und seriösen Einsatz dieser Methode wird das schon und Du entwickelst dann eine notwendige Angewohnheit. Keine Angst vor langsamstem Üben, bei der Gelegenheit tust Du auch massiv was für Dein Gedächtnis, und diese unemotionale Vorgehensweise beleuchtet auch das zu bearbeitende Stück in förderlicher Weise. Sorry Jörg
Folgende Mitglieder finden das Top: ollo und Haraldollo hat sich bedankt!
Lieber Jörg, das "sorry" ist ein wenig fehl am Platz, im Gegenteil ist das der vermutlich beste und praktikabelste Hinweis, von dem wir alle hier profitieren können. Vielen Dank dafür.
Ich muss zugeben, dass ich die Sache mit dem Spiegel schon mal gehört habe. Der innere Schweinehund hat mich jedoch immer wieder davon abgehalten, solange, bis ich es wieder vergessen hatte. Selbstdisziplin ist offenbar nicht meine Stärke …
Zitat Jörg Wagner: ".....Ich habe herausgefunden, dass das auch mit Glasklickern, Gummibärchen etc. funktioniert, und auch, wenn man weniger als 100 benutzt. Bei mir sind es 10. Bei ehrlichem und seriösen Einsatz dieser Methode wird das schon und Du entwickelst dann eine notwendige Angewohnheit. Keine Angst vor langsamstem Üben, bei der Gelegenheit tust Du auch massiv was für Dein Gedächtnis, und diese unemotionale Vorgehensweise beleuchtet auch das zu bearbeitende Stück in förderlicher Weise. Sorry..."
Danke Jörg für diesen guten Impuls, ich verstehe gar nicht, dass ich auf dieses einfache System nicht selbst gekommen bin. Das probiere ich morgen gleich mal, da ich sowieso gerade einen Walzer mit vielen Achteln auf dem Pult habe, die ich erst sauber, dann schneller üben wollte. Das mit dem Spiegel muss ich probieren. Ich habe leider kein räumliches Sehen und tue mich mit gespiegelten Übungen (z.b. Fitness Kurse) schwer. Ich sehe hier ggf die Gefahr, dass ich dann erst recht zu weit nach links drifte. Ich kann meinem Lehrer z.b. bei komplexeren Abläufen besser/schneller folgen, wenn er neben mir sitzt und ich seine Gitare in gleicher Perspektive habe, wie meine. Anders kann ich das jetzt nicht erklären, bisschen so, wie einem Blinden die Farbe Gelb erklären
im Unterricht sitzt dir dein Lehrer nicht gespiegelt sondern „verkehrt herum“ gegenüber, der Spiegel wird dir daher eine Hilfe sein.
Das räumliche Sehen fehlt mir auch. Dem kann ich viele Defizite zuordnen, bei der Gitarre aber habe ich noch keinen Bezug hergestellt. Oder herstellen wollen. Was meinst du da genau?
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19.01.2024 16:27
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