das Einspielen von Gitarren mit Fichtendecken ist bisher schon ziemlich ausführlich in dem Delcamp Forum diskutiert worden. Ich möchte aber eure Erfahrungen/Meinungen in diesem Bereich mal hören… zwar: 1 - kann eine Gitarre eingespielt werden? Oder eher vice versa: der Gitarrist spielt sich auf der Gitarre ein, in dem er klangliche Vor- und Nachteile der Gitarre erkennt und diese optimiert? 2 - wenn das Einspielen der Gitarre doch möglich ist: a - wie klingt sie danach? Voller? Runder? b - ist der Klangunterschied sehr groß? c - wie lange dauert es, bis zum eine Gitarre eingespielt ist? d - wie kann man eine Gitarre einspielen, außer viel Spielen?
Ich hatte definitiv den Eindruck, dass meine Gitarre mit Fichtendecke Einspielzeit gebraucht hat. Nach etwa einem Jahr fiel mir auf, dass die Gitarre deutlich besser auf Laut/Leise Dynamiken anspricht und länger klingt. Natürlich bin ich selbst auch mit der Gitarre warm geworden, konnte sie innerhalb dieser Zeit auch kennenlernen. Aber auch, wenn andere meine Gitarre spielten, hatte ich den Eindruck, dass die Decke nach einem Jahr richtig eingespielt war.
Ich stelle mir das so vor, dass die Decke eben erst ein bisschen schwingen muss, um sich freier bewegen zu können und so richtig frei schwingen zu können. Ist aber nur eine Laien Erklärung, keine Ahnung, ob da was dran ist.
Linn hat vollkommen recht. Es ist bekannt, dass Gitarren mit Fichtendecke eine gewisse Zeit benötigen, um ihren Klang voll zu entwickeln. In dieser Zeit sollen möglichst alle Register der Gitarre gleichmäßig bespielt werden. Den Zeitraum dafür würde ich so etwa 1-2 Jahre einschätzen, je nach Spielintensität. Zedergitarren benötigen diese Einspielzeit in der Regel nicht. Der Grund hierfür liegt in der Struktur des Holzes (50% Zellulose, 25% Lignin und 25% Hemicellulosen) sowie Übergängen dieser Bestandteile in andere Strukturformen während des Spielens. Es ist auch bekannt, dass, wenn man eine Fichtengitarre länger nicht spielt, diese erst wieder durch Spielen "aufgeweckt" werden muss, um ihren vorherigen vollen Klang zu erreichen. Dies ist aber in der Regel nach deutlich kürzerer Zeit der Fall.
Sie klingt dann voller und ja, der Klangunterschied ist meist beträchtlich. Es gibt Theorien - darüber wurde im Vorgängerforum schon einiges geschrieben - dass Gitarren diesen Einspieleffekt ebenfalls erhalten, wenn man sie mit Musik beschallt. Außerdem gibt es die Meinung, dass Fichtengitarren, wenn sie nicht im Koffer sind, sondern offen im Musikraum stehen, diesen "Einschlafeffekt" nicht haben. Es gibt meines Wissens keine Beweise oder wissenschaftlichen Untersuchungen darüber, lasse mich aber gerne belehren.
Danke für die Antwort. Kam euch schon vor, dass ihr der Klang einer neuen Gitarre mit Fichtendecke am Anfang gar nicht gefiel. Nach einer gewissen Zeit, wo der Einspieleffekt an dem Klang merkbar ist, gefällt euch der Klang doch sehr? Ich habe diesbezüglich mit einem Gitarrenbauer mal geplaudert. Das kam tatsächlich bei einer seiner Gitarren schon vor. Ich kann mir aber nicht vorstellen, dass der Effekt soooo groß ist, eher kleiner… aber ich kann nie alles wissen, bitte belehrt mich gerne, wenn ihr andere Erfahrungen gemacht habt.
Zitat von bka24141 im Beitrag #4Kam euch schon vor, dass ihr den Klang einer neuen Gitarre mit Fichtendecke am Anfang gar nicht gefällt. Nach einer gewissen Zeit, wo der Einspieleffekt an dem Klang merkbar ist, gefällt euch der Klang doch sehr?
Das ist tatsächlich ein Problem, wenn man eine Fichtengitarre neu kauft. Man weiß, dass sich der Klang noch positiv entwickeln wird, aber man weiß natürlich nicht genau, inwieweit. Dieses Problem hat man bei einem Kauf einer gebrauchten, eingespielten Fichtengitarre nicht.
Dass mir der Klang am Anfang gar nicht gefällt, später dann aber nach der Entwicklung der Decke doch, das ist mir noch nicht vorgekommen. Wenn dir der Klang am Anfang nicht gefällt würde ich die Finger davon lassen und diese Gitarre nicht kaufen. Die Klangcharakteristik wird sich nicht ändern, der Klang wird nur voller werden.
Zitat von bka24141 im Beitrag #1d - wie kann man eine Gitarre einspielen, außer viel Spielen?
Es gibt sogar Geräte, die das bewirken sollen. Google mal ToneRite. Keine Ahnung ob das funktioniert.
Wenn jemand wissenschaftliche Literatur zum Thema Einspielen von Instrumenten kennt, bei der soetwas
Zitat von Peter im Beitrag #3Der Grund hierfür liegt in der Struktur des Holzes (50% Zellulose, 25% Lignin und 25% Hemicellulosen) sowie Übergängen dieser Bestandteile in andere Strukturformen während des Spielens
untersucht wurde würde mich das sehr interessieren!
das Einspielen von Gitarren mit Fichten-Decken ist bisher schon ziemlich viel in dem Delcamp Forum diskutiert worden. Ich möchte aber eure Erfahrungen/Meinungen in diesem Bereich mal hören… zwar: 1 - kann eine Gitarre eingespielt werden? Oder eher vice versa: der Gitarrist spielt sich auf der Gitarre ein, in dem er klangliche Vor- und Nachteile der Gitarre erkennt und diese optimiert? 2 - wenn das Einspielen der Gitarre doch möglich ist: a - wie klingt sie danach? Voller? Runder? b - ist der Klangunterschied sehr groß? c - wie lange dauert es, bis zum eine Gitarre eingespielt ist? d - wie kann man eine Gitarre einspielen, außer viel Spielen?
Happy to discuss.
Danke VG
Hi, ich denke bei Frage 1 ist es Beides, imho sogar eher das "vice versa", denn man nimmt bisherige Erfahrungen, die man auf das neue Instrument überträgt/übertragen will.
Bei Frage 2 spielt für mich dabei sehr viel individuell Wahrgenommenes die Hauptrolle, denn wie beurteilt man den "volleren Klang", die "Klangunterschiede voher-nachher", "Klangunterschiedgröße", die Zeitdauer, bis man den Eindruck hat, es tut sich was....etc. Vieles ist nun mal nicht sachlich/wissenschaftlich beurteilbar, man vergleicht ja, bewusst oder unbewusst die "Neue" mit den Klangempfindungen der "Alte/n"
Bei meinen Instrumenten war es nie gleich, jede war sozusagen eine Diva für sich und ihre Art, mal ging es schneller, mal dauerte es länger, bis ich den Eindruck hatte, jetzt ist sie eingespielt. Aber gerade das empfinde ich als so spannend, dass man eben nie weiß,"......was man aus der Pralinenschachtel bekommt....."(Zitat Forrest Gump)
Ich besitze eine handgefertigte Flamenco-Blanca aus 20 Jahre gelagertem Holz. Als ich sie kaufte, klang sie ziemlich dünn, aber ausgewogen. Nach einiger Zeit des Spielens wurde der Klang runder. Nach ca. einem halben Jahr konnten auch meine Musikerfreunde deutlich mehr Bassanteil hören. Nach ca. einem Jahr hatte sie schöne tiefe Töne (im Gegensatz zum Anfang), runde Bässe und die Höhen waren brillanter. Meiner subjektiven Meinung nach ist der Klang danach noch besser geworden, aber nicht in dem Ausmaß. Wenn ich mir wieder eine neue Gitarre kaufen würde, würde ich alle 1-2 Monate eine Aufnahme mit einem guten Aufnahmegerät machen. Aber heute würde ich eher eine gebrauchte kaufen. Bei meiner Gitarre hat sich der Klang vom Anfang bis heute in 3 Jahren stark (zum Guten) verändert. Ob das immer so ist oder ob ich Glück hatte... Bei meiner Gitarre mit Zeerndecke war es eindeutig nicht so. Wie kann man das Potential bestimmen, nur mit viel Erfahrung.
Meine Erfahrungen in Bezug auf Einspielen neuer Gitarren beschränkt sich auf eine Zeder/IRW Alhambra 10c gebaut und gekauft in 1978 und eine Fichte/Jacaranda Kohno Pro-J von 2004, gekauft Anfang 2006.
Erstere war nach knapp 15 Minuten da, was wahrscheinlich eher für die Saitenbespannung galt. Außer der kurzen „Anlaufphase“ zeigte sie als typischer Zeder-Vertreter kein deutlich wahrnehmbares Einspielverhalten und verhielt sich auch gegenüber Spielpausen, Wetterwechseln usw. vollkommen unbeeindruckt!
Die Fichten Kohno, war nicht ganz so taufrisch, wie die Alhambra, hat mich aber klanglich bereits unmittelbar „umgehauen“. „Love at first site!“, so wie es sein soll!
Sie ist dann mit den Jahren aber noch einmal deutlich „reifer“ geworden. Noch mal voller im Ton, so dass ich mittlerweile auf weniger „wuchtige“ Bässe umgestiegen bin. Sie ist schneller in der Ansprache und macht anschaulich gesprochen einen „eingeschwungeneren“ Eindruck, so schwierig das mit solchen Begriff auch sein mag.
Dafür zeigt sie sich aber sehr viel divenhafter als die gutmütige Alhambra. Zwei Wochen Abstinenz machen sie sehr, sehr verstimmt. Unter einer halben Stunde „warmspielen“ geht da kaum etwas und bei ungünstiger Wetterlage (kalt & naß) kann man froh sein, wenn man noch auf andere Alternativen zurückgreifen kann.
Lange Rede kurzer Sinn, nach dem vorhergesagten lauten meine Antworten zu den Ausgangsfrage:
Zu 1. Gitarren können und müssen mehr oder weniger eingespielt werden. Der Gewöhnungsprozeß für den Spieler ist dabei nicht zu unterschätzen.
Zu 2. a) s.o. b) in meinem Fall nur bei der Fichtendecke deutlich wahrnehmbar c) in meinem Fall waren es 1-2 Jahre, was dem üblichen Durchschnitt entspricht d) keine Erfahrungen mit ToneRite o.ä.!? Wissenschaftlich nicht oder nur schwer nachweisbar und man vergibt sich der Gelegenheit zusammen mit dem Instrument zu „reifen“!
Was die an anderer Stelle ergänzte Frage betrifft, ob sich beim Einspielen eine Gitarren von einem „häßlichen Entlein“ in einen „schöner Schwan“ verwandeln kann, so würde ich das aus meiner Erfahrung verneinen. Es gibt sicherlich Fälle, wo eine Gitarre unabsichtlich durch unvorteilhafte Saiten oder Zugspannungen in ihrem Potential stark beschnitten wird, so dass durchaus gewisse Überraschungsmomente möglich sind. I.a. würde ich mich aber der bereits geäußerten Meinung anschließen, von einer Gitarre die Finger zu lassen, die einem nicht auf Anhieb gefällt.
Ich kann dem nur zustimmen. Alle meine Fichtengitarren brauchten 1-2 Jahre. Zeder (hab aber nur eine) praktisch fast keine Zeit. Vielleicht eine Woche, wenn sie lange nicht gespielt wurde.
In einem Gespräch mit Sebastian Stenzel erklärte er, dass das am Zusammenspiel zwischen Lack und Holz liegt. Es ist aber schon lange her. Ich kann mir vorstellen, dass der Lack in die Fichtendecke tiefer eindringt als bei der Zeder. Durch das Einspielen werden dann die Verbindungen zwischen Lack und Holz etwas verändert. Kennt sich damit jemand aus?
Ich kann auch bestätigen, dass diese Gitarren echte Mimosen sind. Eine Woche nicht gespielt und sie sind "beleidigt". Sie sind auch anfällig gegen "schlechte" Fingernägel. Das Potenzial einer Gitarre kann man wirklich durch sowas sehr einschränken. Luftdruck/Feuchtegehalt/Temperatur usw. tun auch ihr Bestes, um für Überraschungen zu sorgen...
Eine überaus spannende Diskussion bisher, aus der ich entnehmen muss, dass ich völlig unverantwortlich, waghalsig und leichtsinnig vorgegangen bin als ich vor einigen Jahren bei einem renommierten Gitarrenbauer ein Instrument bestellt habe. Ich durfte mir alles aussuchen, Hölzer, Deko, Maße, Finish. Habe eine Anzahlung geleistet und zwei Jahre gewartet. Dann kam das gute Stück und wir kamen zunächst nicht besonders gut miteinander aus. Der Klang war irgendwie unreif, so wie zu früh gepflücktes Obst. Wir haben uns zwei Jahre zusammengerauft, und jetzt weiß ich, ich habe damals alles richtig gemacht. Nach und nach ist sie voll erblüht und klingt nun einfach perfekt. Mein Facit: Vertraut der Kunst des Gitarrenbauers, Eure Geduld und Ausdauer werden belohnt. Gut Ding will bekanntlich Weile haben. Und: No risk no fun.
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25.04.2024 14:57 (zuletzt bearbeitet: 27.04.2024 05:42)
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