Dowland und Weiß haben für die Laute und somit für mehr als 6 Saiten komponiert. Von beiden bin ich musikalisch sehr angetan, in den letzten Tage bin ich über das Prelude P 98 von Dowland gestolpert, ein wirklich tolles kleines Stück.
Da Hanika vor kurzer Zeit die 7 und 8 saitigen Modelle ins Programn genommen hat, kommt mir die Frage in den Sinn, wie man ggf. Stücke der beiden Lautenkomponisten auf eine mehr als 6 saitige Gitarre übertragen kann.
Habt ihr Erfahrung mit der Spielweise auf 7 bis 10 Saitern?
Stücke aus Renaissance und Barock gehen meist gut - ich hatte schon zwei Achtsaiter und seit einigen Jahren eine zehnsaitige Paco Santiago Marin. Schwieriger ist Bach. theoretisch könnte man da in den Lautensuiten die originale Bassführung spielen, aber da muss man wirklich sehr sicher auf den Zusatzsaiten sein. Es ist einfacher, nur zwischendurch mal einen tiefen Bass anzuschlagen. Wenn man mit dem Daumen auf die ganz tiefen Saiten geht und die übrigen Finger auf den hohen Saiten bleiben müssen, ändert sich die rechte Handhaltung schon stark. Und dann hat man besonders bei guten Instrumenten mit Sustain noch das Problem der Dämpfung. Die neuen Hanikas finde ich interessant, aber ich finde acht Saiten generell besser als sieben, das ist ein guter Kompromiss. Beim Zehnsaiter erwische ich immer wieder mal einen falschen Basston.
Wenn du Lautenmusik auf der Gitarre darstellen willst, sind 8 Saiten schon hilfreich.
Bei Bach weiß keiner, wofür genau die Lautensuiten geschrieben sind, da es zwar Tabulaturen gibt, die aber von Dritten stammen, und die Originale alle in Klaviernotation geschrieben sind. Eine 8-saitige Gitarre hilft sicher bei der originalen Stimmführung, aber ist vermutlich auch nicht das ultimative Instrument für Bach.
Dowland hat für verschiedene Lauten geschrieben, ich glaube 7-9chörige. Die Stimmung ist auf jeden Fall nicht die der Hanikas, aber das lässt sich ja leicht ändern. Für Dowland würde ich die 7. und 8. Saite auf D und H stimmen, und den Kapo auf den 2. oder 3. Bund.
Serge Gerbode hatte mal ganz viele Tabulaturen bereit gestellt, ich weiß nicht ob es die noch gibt. Edith hat den Link gefunden. Hier gibt es Tabulaturen für den Rest des Lebens: https://www.lutemusic.org/
Meine Mehrsaiter-Erfahrungen erstrecken sich auf zwei 7- und zwei 10-Saiter, letztere beide von Meister Anton Sandner gebaut, der darin wahrscheinlich auf die (zahlenmäßig) größte und längste Erfahrung in Deutschland zurückblicken dürfte.
Rein spieltechnisch bin ich mit den 7-Saitern überhaupt nicht klar gekommen, was vollkommen überraschend war, da ich zumindest bei der zweiten bereits längere Zeit eine 10-saitige gespielt hatte. Die eine zusätzliche Saite hatte mich auf eine Art und Weise irritiert, wie ich es nie für möglich gehalten hätte?!
Im Gegensatz hierzu, bin ich mit beiden 10-Saitern überraschend schnell und gut klar gekommen, sowohl in Yepes als auch in "romantischer" Stimmung, d.h. mit absteigenden Bässen.
Was Lautenmusik betrifft, so hatte ich mich nur an den "Kompositionen für die Laute" von Hans Dagobert Bruger für 10-saitige Gitarre versucht. Dieser Band ist in Noten gesetzt mit Empfehlung der Stimmung für die zusätzlichen Bässe, von denen nicht immer alle dabei eingesetzt werden. Dieses Heft ist übrigen frei erhältlich in der Rischl-Sammlung und eine Lautenschule gibt es ebenfalls von ihm.
Da mir Tabulaturen ein noch größeres Buch mit sieben Siegeln sind, wie die mühsam erlernte Notenschrift, hat sich mein Barock-Repertoire dann nur noch auf die David Kellner Bearbeitungen für 10-saitige Gitarre von Jouni Stenroos erstreckt.
Ein 10-Saiter in Yepes Stimmung ist eine ganz andere Sache. Das ist faktisch ein 6-saiter mit einer gelegentlich gespielten 7. Zusatzsaite und 3 weiteren Resonanzsaiten, deren eigentliche Aufgabe im wesentlichen darin besteht, die fehlenden Resonanzen der 6-saitigen Gitarre zu ergänzen.
Der 10-Saiter ist wieder verkauft und sollte ich jemals wieder die Kühnheit besitzen, mehr als 6 Saiten in Betracht zu ziehen, würde ich entweder zur Liuto Forte oder der 11-saitigen Alto-Gitarre greifen. Letztere wurde z.B. spezifisch für das Spiel der Lautenmusik von Bach und Weiß auf einer "Art Konzertgitarre" entwickelt.
meine ersten Erfahrungen mit einer 10- Saiter habe ich mit einer Salvador Cortez gesammelt die vor einigen Jahren für rund 1000,- Euro angeboten wurden und mir erstmal dazu dienen sollte ob und wie ich mit 10 Saiten klarkomme bevor ich mich in weitere Unkosten stürze.
Grundsätzlich ist die Cortez ausreichend gut um erste Eindrücke zu sammeln und Lust auf "mehr" zu bekommen auch wenn sie klanglich natürlich nicht mit einem hochwertigen Instrument mithalten kann.
Vor gut 2 Jahren habe ich dann noch im alten Forum angefragt ob jemand eine gute 10-Saiter zu verkaufen hätte, Dank eines Forenmitgliedes (Danke nochmal an "ollo" für die Vermittlung) wurde ein Kontakt zu einem Gitarristen in Mainz hergestellt der eine 10-saitige Kazuo Sato verkaufen wollte.
Lange Rede kurzer Sinn, habe mich also auf den langen Weg nach Mainz gemacht und die Gitarre gleich mitgenommen, die Sato ist einfach phantastisch, sehr solide gebaut und gut durchdacht, zudem hat Sato explizit darauf geachtet das der ganze Bassbereich nicht zu dominant im Vordergrund steht und hier eine sehr gute Ausgewogenheit zwischen Bass und Diskant gewährleistet ist, also klanglich eine sehr "gleichmäßige" Gitarre, außerdem ist der Spielkomfort extrem gut.
Allerdings unterscheiden sich meine ersten Gehversuche auf 10-Saiten diametral von den Erfahrungen Harald's, zu Beginn hatte ich das Gefühl wieder ganz von vorne anzufangen, die Saiten liegen insgesamt etwas näher beieinander, selbst "Wald und Wiesenakkorde" wollten nicht gelingen, die zusätzlichen vier Saiten haben zudem für Verwirrung gesorgt. Ich fand das ganze Unterfangen speziell am Anfang sehr mühsam, ein Trick der es etwas erleichtert hat war bloß nicht auf die Saiten schauen, hilfreich kann es auch sein im Bassbereich unterschiedliche Farben zu verwenden.
Die ganze Raumaufteilung ist zu einer 6-Saiter m.E. auch anders, wie Richard schon zutreffend schrieb ändert sich die Handhaltung wenn man ganz "oben" und "unten" spielt, dass abdämpfen der zusätzlichen Saiten ist eine weitere Hürde die einiges an Übung erfordert.
Grundsätzlich sollten diese "Schwierigkeiten" aber nicht davon abhalten mal eine 10- Saiter auszuprobieren, mit der Zeit kommt man ja rein und wird mit einem reichhaltigen Klang beschenkt der sich ohne Wertung von einer 6 Saitigen merklich unterscheidet und letztlich sollte der Spaß im Vordergrund stehen, ich zumindest überlasse die Virtuosität gerne talentierteren Musikern.
Zitat von Harald im Beitrag #4 Was Lautenmusik betrifft, so hatte ich mich nur an den "Kompositionen für die Laute" von Hans Dagobert Bruger für 10-saitige Gitarre versucht. Dieser Band ist in Noten gesetzt mit Empfehlung der Stimmung für die zusätzlichen Bässe, von denen nicht immer alle dabei eingesetzt werden. Dieses Heft ist übrigen frei erhältlich in der Rischl-Sammlung und eine Lautenschule gibt es ebenfalls von ihm.
Oh je, welch Versuchung und Nöte bringst du über uns.
Das ist ja ein unglaublicher Fundus an Informationen und Erfahrungen, der hier zusammen gekommen ist! Ich bin tatsächlich erschlagen von der Fülle und danke Euch ganz herzlich!
Mein derzeitiger Erkenntnis- und Recherchestand anknüpfend an Eure Schilderungen:
Dowland aus der Renaissance und Weiss aus dem Barock mit verschiedenen Stimmungen der Lauten sind schon die erste große Hürde, mal eben etwas von den für Gitarre neu gesetzten Stücken wieder lautenähnlich auf einem 7ff-Saiter umzusetzen.
Dowland schreibt für 6-9 chörige Instrumente, Weiss für bis zu 13 chörigen, jeder anders gestimmt.
Von Dowland habe ich bisher nur 6-chörige Manuskripte in französischer Tabulatur gefunden, aber noch nichts für 7 bis 9 Chöre.
Von Weiss bin ich bislang noch nicht auf bis zu 13 chörige Tabulatoren gestoßen, hat er überhaupt noch in französischer Tabulatur geschrieben?
Dowland hat auch viel 6-chöriges komponiert, hier ist die Umsetzung ja einfach, Brandon Acker hat ein sehr schönes Video zu Lachrimae auf Laute und Gitarre veröffentlicht. 3. Saite der Gitarre auf fis statt g gestimmt und dann mit Kapo im 2. oder 3. Bund, hier ist die frühere absolute Tonhöhe wohl nicht bekannt.
Insgesamt viele tolle Dinge zum weiteren Recherchieren und Lernen.
Wer mit einem 7 oder 8 Saiter mal erste Eindrücke sammeln möchte, kann bei Thomann etwas für rund 370,- EUR bekommen. Dies nur als sachlicher Hinweis ohne bitte über Qualität zu diskutieren.
Rob McKillop hat ein Buch über Gitarre und Laute für ca. 22,- EUR herausgegeben, dass sich an Einsteiger wendet. Ich glaube, hier liegt wohl mein erster Schritt richtiger Weise.
Zitat von Charlie im Beitrag #7Wer mit einem 7 oder 8 Saiter mal erste Eindrücke sammeln möchte, kann bei Thomann etwas für rund 370,- EUR bekommen. Dies nur als sachlicher Hinweis ohne bitte über Qualität zu diskutieren.
... und wer mal erste 11-Saiter-Eindrücke sammeln möchte und in der HH-HB-Range wohnt, könnte mal bei mir ein solches Instrument probieren. Ein ziemlich schlechtes, wohl ein selbst aus einer normalen Billig-Gitarre umgebautes, das ich vor ein paar Jahren für einen Hunni in den Kleinanzeigen gekauft habe. Aber um sich die Schwierigkeiten zu verdeutlichen, taugt es. Dafür habe ich es gekauft.
Wie findet man sich denn bei 11 Saiten noch zurecht?
Insgesamt stellt sich mir die Frage, was mit den vielen Saiten eigentlich erreicht werden soll.
3 Zusatzsaiten wie bei der von Harald angesprochenen Yelpes-Stimmung für mehr Resonanz und Fülle, ok, bringt aber ein Problem mit der Dämpfung, aber es wird die 7. Saite aktiv mit bespielt.
Eine meiner bisherigen falschen Annahmen war, dass bei Lauten mit mehr Saiten, anderer Stimmung und weniger Bünden quasi eine horizontale Stapelung oder Verdichtung der Noten / Töne gegenüber der Gitarre mit ihren vielen Bünde und wenig Saiten stattfindet, und somit weniger Spreizungen und unbequeme Griffmuster entstehen, wie es Umsetzungen von barocken Lautenstücken auf Gitarre mit sich bringen.
Mittlerweile habe ich wohl rausgefunden, wie französische Tabulaturen für mehr als 6 Saiten geschrieben werden. Es scheint so, dass immer nur 6 Saiten gezeichnet werden, und dann für die nur gelegentlichen tieferen Saiten darunter z.B. ///a für leere 9. Saite geschrieben wird.
Die Tabulatoren, die ich bisher einsehen konnte, zeigen im Wesentlichen ein gelegentliches (!) Anschlagen leerer (!) tieferer Saiten, so, als ob sie eigentlich nicht aktiv in den Bünden mit gespielt werden.
Zitat von Charlie im Beitrag #9Wie findet man sich denn bei 11 Saiten noch zurecht? <...> Die Tabulatoren, die ich bisher einsehen konnte, zeigen im Wesentlichen ein gelegentliches (!) Anschlagen leerer (!) tieferer Saiten, so, als ob sie eigentlich nicht aktiv in den Bünden mit gespielt werden.
Zum Zurechtfinden kann ich noch nichts sagen, so tief bin ich noch nicht eingestiegen. Zu den tiefen Saiten: Ja, eigentlich als leere Saiten. Vgl. https://de.wikipedia.org/wiki/Altgitarre
Hi, ich habe eine zeitlang mal mehr Laute als Gitarre gespielt und gebe hier gerne meinen Senf dazu: 1) die typische Dowland-Laute hatte 7 Chöre, der 7. Chor eine Quarte unter dem 6. (Bei angenommener Gitarrenstimmung also H), es gibt auch gelegentlich Stücke von Dowland (und Zeitgenossen) für 9-Chörige Lauten.die Beschaffenheit dieser Lauten war üblicherweise so, dass alle zusätzlichen Basschöre auch gegriffene werden konnten, es gab aber auch schon theorbierte Formen, wo z.B. nur der 7. und 8. Chor noch auf dem Griffbrett verliefen. Jedenfalls wurden die tiefen Chörer nicht nur "gelegentlich eingestreut" sondern waren aktiv an der Stimmführung im Bass beteiligt. 2)eine Quelle für Musik von Dowland für mehr als 6 Chöre ist z.B. "Variety of Lute Lessons" von Dowland´s Sohn Robert (der wahrscheinlich nur als herausgeberischer Strohmann seines Vaters in Erscheinung trat), als Faksimile-Druck bei Schott erhältlich. 3) Übersicht : Üblicherweise wurde der Daumen beim Anschlag der Basschöre jeweils auf die nächste Saite fallen gelassen, das bringt schon eine Menge Orientierung, zusammen mit dem auf die Decke gesetzte kleinen Finger der rechten Hand und einer von der Gitarrenhaltung beim Gitarrenspielen stark abweichenden Handstellung rechts sind die Probleme relativ leicht lösbar, insbesondere, wenn man nicht hinguckt sondern mit dem Tastsinn arbeitet. 4) Weiss und seine Zeitgenossen haben durchweg aus französischer bzw. italienischer Tabulatur gespielt, eine herausragendes Alleinstellungsmerkmal einiger weniger Lautenisten, besonders Weiss, war, das sie auch"auf die organistische Art" freiweg aus Noten und Partituren spielen konnten, das hat z.B. im Falle Weiss dazu geführt, das er zu Uraufführungen z.B.von Opern in Europa sehr gefragt war und eine beträchtliche Reisetätigkeit zu diesem Zwecke entwickelte. Jörg
Folgende Mitglieder finden das Top: ollo und Harald
Zitat von Charlie im Beitrag #9Die Tabulatoren, die ich bisher einsehen konnte, zeigen im Wesentlichen ein gelegentliches (!) Anschlagen leerer (!) tieferer Saiten, so, als ob sie eigentlich nicht aktiv in den Bünden mit gespielt werden.
Moin Charlie,
tatsächlich gibt es manchmal Griffsituationen wo es lohnt Töne auf den tieferen Saiten zu greifen, meistens auf der siebten Saite. Ein Beispiel wäre "f" auf der tiefen E-Saite und "a" auf der hohen e-Saite, wenn das tiefe "f" z.B. als Halteton markiert ist und eine Abfolge von Tönen auf den höheren Saiten gespielt werden soll tut man sich oft leichter wenn man das "f" im dritten Bund auf der tiefen D-Saite greift.
Es gibt immer mal Griffkombinationen die hier eine Erleichterung bringen, zwar nicht regelmäßig aber gelegentlich schon.
Die Tabulatoren, die ich bisher einsehen konnte, zeigen im Wesentlichen ein gelegentliches (!) Anschlagen leerer (!) tieferer Saiten, so, als ob sie eigentlich nicht aktiv in den Bünden mit gespielt werden.
Wie schon angesprochen, kommt es immer auf die Art der Musik und das Stück an. Bei Barocklauten, wo die tiefen Chöre diatonisch abwärts gehen, wird auf den Basssaiten nichts gegriffen, sondern es werden nur die offenen Seiten gespielt. Mit dem Daumen hat man dann bis zu einer ganzen Oktave zur Verfügung. Je nach Tonart muss man vielleicht die eine oder andere Seite umstimmen.
Es gibt ja nicht „die Laute“, sondern eine ganze Familie von ähnlichen Instrumenten, alle mit ihren Besonderheiten.
Forum-Klassikgitarre.de
Thema drucken
23.07.2023 05:56 (zuletzt bearbeitet: 23.07.2023 06:26)
Antworten
