Nachdem ich erleuchtet wurde von den Beiträgen auf Karels Beitrag mit Nachhall der hohen E Saite, möchte ich dieses Thema erstellen. Ich beschäftige mich seit einer Weile mit dem Stimmen ohne Stimmgerät. Momentan stimme ich jedes Mal wenn ich stimme, mit Kammerton A=440hz meine hohe E-Saite und dann alle Saiten in Relation zu dieser Saite. Ein Video vom Violinisten Ray Chen
das eigentlich zum Violine stimmen gedacht ist, hat mir enorm geholfen. Das "Flattern" der Töne, wenn die Frequenzen nicht zusammen passen hat mir da echt die Augen/Ohren geöffnet. Ich weiß auch, dass viele Gitarristen und Gitarristinnen ihre Gitarre nach der A-Saite Stimmen, bzw. Jede Saite zur nächst tieferen(nicht immer vorteilhaft, wenn sich kleine Fehler addieren) Jedoch höre ich eine Quarte besser als eine oder zwei Oktaven, weshalb ich ja die hohe E-Saite mit dem A stimme und nicht die A-Saite. Es gibt für die Gitarre so viele Arten zu Stimmen, wie macht ihr das? Vielleicht können wir hier einige Methoden sammeln.
danke für das Teilen des Videos, das erklärt das Stimmen nach Gehör wirklich anschaulich!
Von mir eine kleine Anmerkung aus technischer Sicht:
Eine reine, also nicht-schwebende Quinte, wie sie beim Stimmen von Geige, Bratsche oder Cello gehört wird, entspricht einem Verhältnis zwischen den beiden Tonhöhen von 3:2. Eine reine Quarte bedeutet ein Frequenzverhältnis von 4:3. Eine reine große Terz (also das Intervall zwischen H und G) entspricht dem Frequenzverhältnis 5:4. Nach diesen reinen Intervallen wird also gestimmt, wenn nach Gehör gestimmt wird. Stimmst du also die hohe E-Saite nach einem Referenzton und arbeitest dich nach Gehör bis zur tiefen E-Saite hinunter, hast du einmal den Teiler 4:5 (B2>G3) und viermal den Teiler 3:4 (E1>B2; G3>D4>A5>E6). Das Verhältnis von E6 gegenüber E1 ist also (4/5)*(3/4)^4 = 0,253125. E6 ist zwei Oktaven tiefer als E1, hat also ein Viertel der Frequenz von E1. Die reine Oktave ist 2:1, also müsste für zwei Oktaven 4:1, also 0,25 herauskommen. Rechnerisch betrachtet wird somit das tiefe E deutlich höher, als es sein sollte, damit es noch ohne Schwebung zum hohen E passt, wenn du alle Intervalle ohne Schwebung stimmst: Die Abweichung beträgt 21,5 Cent.
Aus diesem Grund werden Klaviere nach der sogenannten gleichstufigen oder gleichschwebenden Stimmung gestimmt: Eine Quarte (5 Halbtöne) entspricht dann dem Verhältnis 2^(5/12):1, eine große Terz (4 Halbtöne) 2^(4/12):1. Die Halbtöne und alle anderen Intervalle haben damit immer dasselbe Verhältnis zueinander, was mit anderen Stimmungen immer irgendwo nicht aufgeht. Allerdings handelt man sich dadurch Schwebungen ein, an die wir uns jedoch gewöhnt haben.
Ich würde ausgehend von dieser Problematik E6 von E1 aus stimmen und dann E1>B2>G3, dann E6>A5>D4, das vermindert die Abweichung durch reine Intervalle.
Das nur von mir als Hintergrund zum Thema "Stimmen ohne Schwebungen".
Wenn ich für mich alleine spiele, dann stimme ich entweder nach der Tonart des Stückes bzw. "nahen" Intervallen (bei c z.B. nach dem g). Oder nach Stimmgerät. Im großen Ensemble nach Stimmgerät oder Solist (bei der Begleitung). Ohne externe Referenz (egal, ob Stimmgerät oder andere Musiker) stimme ich nur, wenn ich alleine spiele.
Spannend. Ich stimme mit Stimmgabel das A. Das A ist sauber, wenn die Saite anfängt zu schwingen wenn ich die Stimmgabel auf den Steg aufsetze. Von da aus per Flageolett das E, das d, g, h und e. Letzteres gleiche ich mit dem E ab, justiere das gegriffene d auf der h- Saite und das gegriffene a auf der g-Saite. Dann stimmt es praktisch immer, jedenfalls für die Standardtonarten.
Edit: im Ensemble entweder nach Stimmgerät oder Leiter (Chef).
Im Telefon war das Freizeichen früher ein „a“. Heute meist ein gis, dürfte aber von Anbieter zu Anbieter variieren.
Aus diesem Grund werden Klaviere nach der sogenannten gleichstufigen oder gleichschwebenden Stimmung gestimmt: Eine Quarte (5 Halbtöne) entspricht dann dem Verhältnis 2^(5/12):1, eine große Terz (4 Halbtöne) 2^(4/12):1. Die Halbtöne und alle anderen Intervalle haben damit immer dasselbe Verhältnis zueinander, was mit anderen Stimmungen immer irgendwo nicht aufgeht. Allerdings handelt man sich dadurch Schwebungen ein, an die wir uns jedoch gewöhnt haben.
"It is a can of worms", wie die Britten sagen.
Zum einen hat man die oben andiskutierten Probleme mit dem Pythagoreischen Komma (https://de.wikipedia.org/wiki/Pythagoreisches_Komma), das schon seit Jahrhunderten für Spaß in the Musik gesorgt hat. Aber es gibt noch mehr, nähmlich die Physik der Saiten. Die Biegesteifigkeit einer Saite (Klavier, Geige, Cello, Laute, Gitarre, ...) führt dazu das die Obertöne höher sind als sie theoretisch sein sollten. Man bekommt dann also Schwebungen zwischen den Obertönen der tiefen Saiten und den Grundschwingungen der höheren Saiten. Dieses Problem kann man reduzieren wenn man dünnere und längere Saiten wählt. Darum ist ein guter Konzertflügel so lang. Des weiteren wird ein guter Klavierstimmer immer ein Spreizung verwenden um das Problem zu kaschieren (https://de.wikipedia.org/wiki/Streckung_(Musik)). Wenn man das selbst nach chromatischem Stimmgerät mit 12ter Wurzel aus 2 für den Halbton stimmt, wird man am Ende nicht so rechte glücklich.
Es ist jetzt eine interessante Frage ob wir unsere Gitarren auch Spreizen sollen/sollten. Ich weiss das die Patterson Strobe Tuner so etwas für Stahlsaitengitarren in der Software haben (sweetened tuning). Ich frage mich ob mein Korg Cliptuner im Stoboskop-Mode auch so etwas macht. Wenn ich gut eingespielte Saiten (über 2 Wochen auf dem Instrument) habe, bekomme ich damit die für mich angenehmste Stimmung hin.
Ich kenne genug Musiker, besonders aus der historischen Aufführungspraxis, die sich nicht an die Schwebungen gewöhnt haben und ihre Instrumente nicht gleichschwebend stimmen.
Wenn die Leersaiten „perfekt zueinander stimmen“ - was auch immer das heißen mag - stimmen sie gegriffen halt nicht mehr so perfekt. Womit wir wieder bei der Intonationsdiskussion angekommen wären.
Wir können die Gitarre immer nur annähernd genau stimmen, weswegen viele die Stimmung auf die zu spielende Tonart optimieren. Saubere Oktaven und Quinten. Der Rest ist Technik, Erfahrung und Glück beim Intonieren. Und ein tolerantes Gehör.
Und es gibt auch noch die in der Produktionsungenauigkeit liegenden Intonationprobleme der Saiten. Eher nicht so oft, aber es gibt aus der Ungenauigkeit der Obertöne resultierende Schwierigkeiten beim Stimmen …
Morgen, ich habe früher mit der "fünften Bund" Methode gestimmt (also zwei benachtbarte Saiten auf Gleichheit). Bei E-Gitarren habe ich Flagoletts benutzt (5. Bund und 7. Bund zweier benachbarter Saiten und dann so lange drehen bis die Schwebungen weg sind). Inzwischen bin ich beim Stimmen nach hoher E-Saite angekommen, dass heißt ich vergleiche das e auf jeder Saite mit der leeren E-Saite (*) - hat Brandon Acker mal in einem Video empfohlen und irgendwie bin ich drauf hängen geblieben. Die E-Saite selber stimme ich dafür vorher mal gar nicht, mal frei Schnauze oder mit der Stimmgabel. Spannenderweise gibt es Tage, an denen kriege ich ums verrecken ohne Stimmgerät keine brauchbare Stimmung hin und an anderen ist es so problemlos, dass es fast schon anhand der leeren Saiten geht.
Gruß Sascha
(*) b 5. Bund, g 9. Bund, d 2. Bund, A 7, Bund, E ungegriffen
Wenn wir jetzt schon bei verschiedenen Stimmungen sind: wie stimmt das Stimmgerät? Es unterscheidet ja keine verschiedenen E Töne in verschiedenen Oktaven.
Zitat von ollo im Beitrag #12Das Stimmgerät stimmt temperiert, wenn nicht anders angegeben. Das hört man manchmal auch.
+1
Die Stimmgeräte, die wir nutzen basieren auf der Gleichstufigen Stimmung, bei der die Oktav in 12 gleiche Halbtöne geteilt wird.
Erst die nach dem Stroboskop-Prinzip arbeitenden Tuner bieten eine ausreichend hohe Genauigkeit, unterschiedliche Temperierungen, d.h. gezielte Abweichungen von der Gleichstufigen Stimmung, darzustellen.
Eine Besonderheit stellen hierbei die neudeutsch „Sweetener“ genannten, instrumentspezifischen „Verstimmungen“ dar, die vermutlich auf Peterson zurückgehen!?
Ungeachtet dessen wird in beiden Fällen nicht nach der Oktavlage unterschieden.
Das können dann erst professionelle Klavier Stimmgeräte, die im kleinen 4-stelligen Bereich liegen und wo sogar die entsprechenden Apps mittlere bis hohe 3-stellige Beträge kosten.
Gibt es denn Apps, die zu empfehlen sind? Ich habe mal eine (mehr oder weniger zufällig ausgesuchte) ausprobiert, bin dann aber schnell wieder zu meiner Stimmgabel zurückgekehrt. Das Stimmen der Saiten an sich war zwar wunderbar einfach, aber die Stimmung insgesamt gefiel mir gar nicht.
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28.01.2024 17:20
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