Liebe Forumsteilnehmer! Ich denke, ich habe mich Ihnen allen gegenüber in der Sache klar ausgedrückt. Ich habe schon früher gesagt, dass ich immer ein gutes Gedächtnis hatte, und Gott sei Dank habe ich es immer noch. In meinem letzten Schreiben habe ich erklärt, dass das Gedächtnis uns einen Streich spielen kann, und das passiert immer dann, wenn wir ihm zu sehr vertrauen. Deshalb müssen wir, auch wenn wir dieses Vertrauen haben, das uns so viel Sicherheit gibt, sehr vorsichtig sein. Und das ist der Grund für die Erklärung, die ich Ihnen heute über meine Erfahrung geben möchte, oder über Dinge, die ich tun musste, weil ich ihr nicht zu sehr vertraut habe.
Zu Beginn des Konzerts lege ich immer ein Programmheft neben meinen linken Fuß; der Grund dafür ist, dass ich die Reihenfolge der Werke im Konzert verfolgen kann, vor allem, wenn es sich um kurze und mehrere Werke desselben Komponisten handelt. In diesem Fall war es der zweite Teil mit Werken von Francisco Tárrega: Estudio in e-Moll, Lágrima, Adelita, Preludio nº 5 und Recuerdos de la Alhambra. Übrigens erinnere ich mich, dass ich mit "Asturias" von Albeniz abgeschlossen habe. Je nach der Begeisterung, die das Publikum am Ende des Konzerts zeigte, habe ich natürlich bis zu drei einfache und bekannte Werke gespielt, um alle zu erfreuen. In dem Video, das ich Ihnen sende, können Sie eines der genannten Werke hören. Wenn Sie genau hinschauen, werden Sie sehen, dass unter dem Hocker ein kleines Tuch liegt, um ein Ausrutschen zu vermeiden, da er aus Metall und der Boden aus Marmor ist; daneben sehen Sie das Programm des Konzerts. Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit!
Wenn ich an meine Studienzeit zurückdenke (ich habe von 1979 bis 1985 Elektrotechnik studiert), erinnere ich mich, dass ich während des Studiums immer wieder die Gitarre in die Hand nahm und zu spielen begann. Ich dachte mir: "Wenn ich doch nur einmal so viel Zeit hätte, einfach nur Gitarre zu spielen (den ganzen Tag)! Und ich spielte mich durch die Stücke, eine 'unendliche' Anzahl von ihnen. Ab und zu blieb ein Stück 'hängen' und ich meisterte es. Die meisten aber liefen einfach unvollendet durch mein Gehirn.
Und jetzt sehe ich, dass es nicht umsonst war. Ich habe viel Zeit und versuche, dieselben Stücke auswendig zu lernen. Ich kann sehen, dass sich vieles davon in mein Gedächtnis eingeprägt hat. Wenn ich ein Stück anfange, ist er mir irgendwie vertraut. Ich kenne den Rhythmus, ich kenne die Melodie, ich weiß, was nach einer bestimmten Note kommt.
Ein Beispiel: La Catedral (das Präludium): Das Stück besteht aus einer Abfolge entfalteter Akkorde, die für die Gitarre recht untypisch sind. Ich habe mir dieses Stück nun vorgenommen, um es auswendig zu lernen. Und ich bin überrascht, wie schnell es ging. Vielleicht hat es geholfen, dass ich die Melodie grob kannte, aber sie ist etwas schwieriger, vor allem das Muster für die rechte Hand, das sich von Anfang an einige Takte lang wiederholt und dann plötzlich abbricht. Ein neues Muster beginnt, invertiert zum vorherigen.
Ich sehe, dass es die rechte Hand ist, die mir Probleme bereitet, mehr als die linke Hand. Takt 11 habe ich irgendwie für die linke Hand gelöst, bleiben noch die Takte 41, 42 und 43, die in der rechten Hand ihre bewährte und mühsam errungene Ordnung verlieren - ziemlich schwer auswendig zu lernen.
In diesen Tagen verliere ich mich in dieser Kathedrale, nur um mich plötzlich im sicheren Hafen des h-Moll wiederzufinden, das sich durch das Stück schlängelt...
Guten Tag Aokorn, Als Autodidakt bist du entweder sehr weit gegangen, oder du hast ein ebenso interessantes wie komplexes Repertoire gewählt. Ich darf Dir das sagen, weil die beiden Werke, die Du in meinem Programm erwähnst, in der höheren Stufe enthalten sind, abgesehen davon, dass ich sie schon kenne und weiß, dass sie nicht einfach sind. Zu meiner Zeit mussten wir viele Kurse belegen, um an diese wunderbaren Werke heranzukommen. Ich hoffe, dass Du sie bald beherrschen wirst und dass Dein Gedächtnis Dir bei der Interpretation helfen wird. Übrigens habe ich den "Walzer Nr. 3" von A. Lauro bei Ediciones Alirio Diaz und "The Cathedral" von Richard D. Stover.
Hallo, ich fühle mich durch Deine Bemerkung geschmeichelt. Aber ich muss wiederholen, dass ich seit sehr langer Zeit Gitarre spiele und das recht intensiv. Viele Jahrzehnte. Zwischendurch gab es vielleicht eine einjährige Pause, und selbst während dieser Pause war ich oft mit meinen Gedanken bei der Gitarre - das Leben nimmt doch oft sehr schwierige Wege.
Ja, wenn ich mit den beiden Stücken, die ich vor ein paar Wochen erwähnte (Vals und Cathedral), eher am Anfang stand, kann ich sagen, dass ich jetzt ziemlich fortgeschritten bin. Bei Vals, soweit beherrsche ich es fehlerfrei, nur E-Dur macht mir noch ein paar Probleme (vor allem fehlt mir die Kraft in der linken Hand - in meinem Alter muss man mehr investieren, um sie zu entwickeln...). Cathedral kann ich auch auswendig spielen - nur der erwähnte 11. Takt und das Ende sind ein Stolperstein.
Ansonsten spiele ich täglich viele weitere Stückee. Um nur das Bwv998-Präludium zu nennen, verschiedene Tarrega-Präludien und seine andere Stücke: Capricho arabe, Lagrima, Adelita, Recuerdos de la Alhambra und viele andere... Tarrega ist für mich ein 'sehr lieber' Komponist. Auch Romantik auf der Gitarre. Und Bach. Ich darf Werke von Sor, Vinas, Aguado, Coste und Mertz nicht vergessen (Mertz' sehr leichtes Nocturne No.2, Op.4 zum Beispiel ist sehr lohnend in der Öffentlichkeit zu spielen, die modernen Harmonien verlieren nichts an ihrer Romantik - hitverdächtig). Ich habe viele dieser Stücke so oft gespielt, dass ich viele davon auswendig kann. Sozusagen umsonst.
Noten habe ich 'haufenweise' und bin nie gelangweilt: Ich finde immer etwas Neues.
Sechs Bände des Werkes Das Etüden-Werk von Heinrich Albert, dessen sechsten Band (Sechs Konzert-Etüden) ich auch gerne spiele. Es ist ein bisschen anspruchsvoller, aber voller schöner harmonischer Wendungen.
Nochmals vielen Dank für Dein Kompliment, Eliseo. Vielleicht werde ich eines Tages einige Aufnahmen machen und sie ins Forum stellen...
Danke für den eindrucksvollen Einblick in dein musikalisches Schaffen und das Angebot eventuell auch etwas einzustellen. Hast du schon Aufnahmen gemacht? Und wie steht es mit Konzerten ? Du sprichst ja von Stücken, die man gut in der "Öffentlichkeit spielen kann", und bei der Fülle an Programm bietet sich das bei dir ohnehin an.
ich komme gerade vom Spielen und bin glücklich. Es ist gut gelaufen. Ich habe alles Mögliche gespielt, von Sor-Etüden, Tarrega, Giuliani (Gran Sonata Eroica), Barrios.
Ich bin auch immer mehr von der neuen Gitarre begeistert.
Bin mir bewusst, dass es gut und richtig ist, dass andere Leute hören, was ich gerne (und gut) spiele. Natürlich ist in meinem Bekanntenkreis bekannt, dass ich gerne Gitarre spiele. Und ich bin auch schon viele Male öffentlich aufgetreten. Aber ich tue es nicht gerne. Ich habe große Angst davor, in der Öffentlichkeit zu spielen. Als Jugendlicher bin ich bei meinem ersten öffentlichen Auftritt wegen Lampenfieber von der Bühne gegangen, bevor ich überhaupt angefangen hatte zu spielen. Diese schlechte Erfahrung hat mich seitdem nicht mehr losgelassen. Aber ich zwinge mich, es trotz dem zu tun. Seitdem habe ich große Fortschritte gemacht, so dass ich auf der Bühne wenigstens etwas zeigen kann, natürlich nicht alles. Aber ich denke, das ist das Schicksal eines jeden Auftretenden. Ich bin mir bewusst, dass es konstruktives und destruktives Lampenfieber gibt. Nun, ich habe ein destruktives...
Was das Repertoire für öffentliche Auftritte angeht, denke ich, dass die Leute spüren können, ob man das Lied, das man spielt, mag oder davon begeistert ist. Manchmal ist es besser, ein leichtes Lied zu wählen, denn so kommt es auch beim Zuhörer an. Man muss sich nicht in virtuosen Stücken verlieren, die dann vielleicht schlampig gespielt werden. Das spürt das Publikum.
Wir haben Zweierlei: Virtuosität und Einfachheit. Virtuosität ist ein Selbstzweck... In der Einfachheit hingegen verbirgt sich Poesie, eine einfache Linie und vor allem das Herz. Wir sollten uns bewusst sein, dass alle Melodien, die "ins Ohr gehen", einfach und unglaublich logisch sind.
Die Gitarre ist kein einfaches Instrument, und wenn man sich in technischen Schwierigkeiten verliert (von denen es meist nicht wenige gibt), führt das unweigerlich zu einem ermüdenden Hörerlebnis. Auch bei den Zuhörern.
Ein Beispiel für das ein solches Stück, von dem ich spreche, ist das bereits erwähnte Mertz-Nocturne No.II Op.4. Einfache, klare Linien, gefühlvoll und leicht für den Hörer. Die Leute hören es immer wieder gerne. Ich erwähne dieses Stück, um nicht noch einmal über die bekannte Romanze zu sprechen, die schon ein wenig "abgenutzt" ist.
Und ja, ich werde demnächst in meinem kleinen Freundes- und Bekanntenkreis spielen. Wenn auch nur aus dem Grund, um eine neue Gitarre öffentlich 'auszuprobieren'...
Lieber Oakorn, zunächst einmal freut es mich, dass Du von Deiner neuen Gitarre sehr begeistert bist, ich hoffe, dass Du sie in guter Gesundheit und mit Freude genießt und dass sie Dir ein guter Begleiter sein wird.
Auf alles, was Du geschrieben hast, einzugehen, würde meine Zeit in Anspruch nehmen und wäre eine lange Geschichte; daher werde ich mich so kurz wie möglich halten.
Lampenfieber hat es schon immer gegeben und wird es auch immer geben; bei einem Konzert kann viel passieren, und das gebietet eine Menge Respekt und Vorsicht, selbst wenn man kein Lampenfieber hat. Es liegt auf der Hand, dass ein Schüler, der sich vor der Prüfungskommission prüft, nie 100 x 100 sein wird, egal wie gut er sich mit seinen Studien vorbereitet, wie nervös er ist, wie unangenehm die Situation ist usw... In den Schulen, in denen ich als Gitarrenlehrer tätig war, habe ich immer ein "Familienkonzert" vorbereitet; es besteht einfach aus einem Raum, in den die Familienmitglieder passen und in dem die Schüler ein paar Stücke spielen, wobei ich versuche, so viele oder fast alle von ihnen wie möglich dazu zu bringen, an dem Konzert teilzunehmen. Auf diese Weise gewöhnen sie sich daran, vor Publikum zu spielen, und das ist etwas, das auf allen Ebenen, bei Konzerten, Prüfungen usw. gut funktioniert.
Ich stimme Dir zu, wenn es um das Repertoire geht, das bei einem Konzert angeboten wird. Es hängt natürlich vom Ort ab, an dem das Konzert stattfindet, aber im Allgemeinen sollten es Werke sein, die man auf den ersten Blick mag, wie z. B. Werke von Albéniz, Tárrega, Sor und vielen anderen... und wenn möglich sollten sie bekannt sein.
Du hast Recht, Romance anónimo ist ein wenig abgenutzt, aber es ist ein Werk, das dem Publikum immer gefallen hat und weiterhin gefällt. Seit 1960 ist es das Werk, das ich am häufigsten aufgeführt habe, aber immer außerhalb des Programms.
Ja, die Romance anonymo, die N. Yepes für sich beanspruchen wollte ... ein Freund sagte, wegen dieses Stückes hätte er mit der Konzertgitarre begonnen ... wie viele andere auch. Im Übrigen ist das Stück, will man es wirklich gut spielen, ganz schön schwer. Allein die Melodielinie auf der hohen e Saite erfordert viel Üben, will man einen schöne n und vollen runden Ton hervorbringen, aber daf kennt ihr wohl alle 😁😁😁 leider will mein Lehrer es nicht in den Lehrplan aufnehmen, da zu abgedroschen. Das alles nur als nebenbei Bemerkung.
Ich lerne praktisch auch jedes Stück auswendig. Im Moment kämpfe ich schwer mit einem teilweise atonalem Stück. Unabhängig von vielen für mich spieltechnischen An/Überforderungen darin, tue ich mich besonders schwer mit dem Auswendig lernen dieses Stückes.
Woran liegt es grundsätzlich, wie schwer oder leicht man sich tut, Musik, eine "Melodie", eine Phrase auswendig zu lernen? Soweit ich verstehe ist das grundsätzlich, abhängig: Einerseits vom Musiker oder dem Musik Hörenden. Also etwa: Alter, Hörerfahrungen (kultureller Hintergrund, Musik/Interpretations-erfahrungen, etc). Andererseits von der Musik/Melodie ("bekannte" Melodie/Harmonie bzw. Musiksystem, Atonalität).
"...Perhaps the major message of this chapter is that memory for melodies depends upon knowledge. First, it depends on knowledge of individual tunes, their perceived familiarity and nameability. Second, it depends on knowledge of the tonal structure and well-formedness of tunes, including knowledge of in-key versus out-of-key notes. Finally, it depends on the musical knowledge of the listener, using the term rather broadly to include both symbolic knowledge and procedural skills developed in the course of musical training...."
Also: Alter, Atonalität, Unerfahrenheit damit erklären die Schwierigkeiten in meinem Fall ausreichend. Ich mache weiter und betrachte das Ganze auch als mentales Fitnesstraining.
Da möchte ich widersprechen. Ich kenne sehr viele Stücke, je nachdem auch sehr gut. Jung bin ich auch nicht mehr. Ich habe Alter, Erfahrung, ein gutes Gedächtnis für Melodien. Atonalität kann schwierig werden, in Ordnung. Dennoch, ich kenne sehr, sehr viel, aber kann kaum ein Stück auswendig spielen, selbst wenn ich es „im Kopf habe“. Es muss noch etwas anderes geben.
Nebenbei, Texte kann ich mir auch nicht merken, auswendig lernen wenn ich muss klappt einfach nicht. Andererseits kann ich mir völlig überflüssiges Zeug merken, das kein Mensch braucht.
Zitat von ollo im Beitrag #55Es muss noch etwas anderes geben.
Nebenbei, Texte kann ich mir auch nicht merken, auswendig lernen wenn ich muss klappt einfach nicht. Andererseits kann ich mir völlig überflüssiges Zeug merken, das kein Mensch braucht.
Willkommen im Club. Ich brauche auch die Noten. jedenfalls im "Klassik-"-Bereich, als Fallback, zumal im Enemble. Aber eben nur als Fallback, das NotenBILD reicht, um die haptische Erinnerung zu triggern und ich klebe nicht an den Noten. In der Schule konnte ich auch nichts auswendig lernen, und an der Uni habe ich die Referate auch immer ausgedruckt dabei gehabt. Dann aber frei vorgetragen und nur "mitgeblättert".
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15.02.2024 20:38 (zuletzt bearbeitet: 15.02.2024 22:42)
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