Meine Erfahrung damit ist die, dass man sehr früh, wenn man ein neues Stück übt, auf die Noten verzichten muss, wenn man es auswendig lernen will. Ich sehe z.B. beim Quartett, dass ich da, weil wir immer mit Noten spielen, praktisch unfähig bin, auch nur ein paar Takte von meiner Stimme auswendig zu spielen. Es ist wie ein "Modus", in dem man sich befindet. Solo kann ich nur auswendig spielen, weil ich oft auf die linke Hand schauen muss und so löse ich mich sehr früh von den Noten und es klappt dann.
Zitat von AndreasLindae im Beitrag #16Meine Erfahrung damit ist die, dass man sehr früh, wenn man ein neues Stück übt, auf die Noten verzichten muss, wenn man es auswendig lernen will. Ich sehe z.B. beim Quartett, dass ich da, weil wir immer mit Noten spielen, praktisch unfähig bin, auch nur ein paar Takte von meiner Stimme auswendig zu spielen. Es ist wie ein "Modus", in dem man sich befindet. Solo kann ich nur auswendig spielen, weil ich oft auf die linke Hand schauen muss und so löse ich mich sehr früh von den Noten und es klappt dann.
Ich wünsch Euch allen einen guten Rutsch!
Viele Grüße Andreas
Das ist interessant, was du sagst. Ich versuche, wenn es nicht weitergeht, irgendwie den Anschluss MIT den Noten zu bekommen, klappt aber nicht bzw. führt dann eigentlich zu einem Aussetzer. Von daher kann ich "ganz oder gar nicht" - vereinfacht gesagt - für mich bestätigen, wobei das Notenlesen nach wie vor eher gemächlich vonstatten geht. Auf der anderen Seite müsste es da doch einen Mittelweg geben...? Mein Gitarrenlehrer sagt dann immer, markiere die Stellen deutlich, wo du Anschlussprobleme hast, sodass die Orientierung auf dem Blatt schnell geht.
Allen ein musikalisch anregendes und erfüllendes Jahr.
Kleine Ergänzung noch: lernen von Harmonielehre kann Wunder bewirken. Im Stück einfach mal schauen, welche Harmonien wie vorkommen (Welche Akkordverbindungen?, gibt es Tonartwechsel?, mit welchem Griffbild sind die Teile verbunden?, wie funktioniert die Bassmelodie?, etc.)
Zitat von AndreasLindae im Beitrag #16Es ist wie ein "Modus", in dem man sich befindet.
Das ist exakt auch meine Erfahrung. Ich habe mal ein Stück von Baden Powell nach Tabulatur gelernt, was ich sonst nie mache. Ich kann das weder auswendig noch nach Noten, nur nach Tabulatur. Sehr lästig.
Bei mir geht das auswendig spielen allein über die „verinnerlichte Musik“, zu dem das „Fingerballett“ seine Choreographie beisteuert ohne jegliche Visualisierung von Noten, TABs oder Griffmuster. Früher ging das so schnell, dass das mein Hauptproblem beim vom Blatt spielen lernen war. Die Verhältnisse haben sich jetzt (leider?) umgekehrt, nachdem sich mein vom Blatt spielen durch intensives Ensemblespiel deutlich verbessert hat.
Das ganze wird bei mir dadurch begünstigt, dass ich beim Spiel eigentlich schon immer kaum auf das Griffbrett schauen mußte und wenn dann doch mal ein „Fehltritt“ passiert, erfolgt die reflexartige Korrektur so unmittelbar, dass die von den meisten Zuhörer kaum wahrgenommen werden dürften.
Als drittes kommt hinzu, dass auf einer Art Meta-Ebene die Struktur des Stückes mitläuft, so dass z. B. ein im weiteren Verlauf wiederkehrender Anfangsteil als solcher erkannt und entsprechend einfach wieder abgerufen wird.
Allen einen guten Übergang in ein musikalisch reiches, neues Jahr.
Kleiner Hinweis: Abends im Bett statt des 127. Krimis einfach Noten lesen und das Stück durchgehen. Bei neuen Stücken sowieso, bei bekannten aber auch immer wieder mal.
Liebe Forumskollegen! Ich respektiere und verstehe alle Meinungen, die ich bis jetzt gelesen habe! Dies ist ein sehr wichtiges und umfangreiches Thema, ich denke sogar, dass es in Teilen behandelt werden könnte. Wenn wir eine Melodie im ersten Vierfachen spielen, ist es für uns leicht, sie gleichzeitig zu lesen und zu spielen. Aber ich denke, wir müssen bedenken, dass das Griffbrett der Gitarre sehr lang ist. Deshalb gibt es Stellen, an denen es nicht möglich ist, gleichzeitig zu lesen und zu spielen, weil unser Blick entweder auf die Partitur oder auf das Griffbrett gerichtet ist. Ich werde nicht weiter darauf eingehen, da ich nicht weiß, wie weit dieses Thema entwickelt ist, ich will nur sagen, dass wir, wenn wir ein Konzert spielen, von etwa einer Stunde Gedächtnisleistung sprechen.
Zitat von Eliseo Fresquet-Serret im Beitrag #22Deshalb gibt es Stellen, an denen es nicht möglich ist, gleichzeitig zu lesen und zu spielen, weil unser Blick entweder auf die Partitur oder auf das Griffbrett gerichtet ist.
Ja, aber... ;-) Wir nehmen ja visuell - jedenfalls ab einer bestimmten Erfahrung - ja nicht nur einzelne Töne wahr, sondern sehen Figuren, setzen die in Lagen und das haptische Gedächtnis um etc. Auf das Griffbrett sehe ich nur recht selten, eher zur Kontrolle.
Zitat von Eliseo Fresquet-Serret im Beitrag #22 … Ich werde nicht weiter darauf eingehen, da ich nicht weiß, wie weit dieses Thema entwickelt ist, ich will nur sagen, dass wir, wenn wir ein Konzert spielen, von etwa einer Stunde Gedächtnisleistung sprechen.
Mit freundlichen Grüßen Eliseo
Lieber Eliseo, ich vermute, dass Du auf einen sehr reichen Schatz an Erfahrungen zurückblicken kannst! Es wäre toll, wenn Du davon mehr berichten magst!
Zum Auswendiglernen nehme ich gerne eine Gitarre mit Gurt, schaue mir die Passage an, spiele sie und gehe dann auf und ab. Und immer mal zwischendurch spiele ich kurze Sequenzen zwischendurch im Alltag. Ein „ich setze mich jetzt für 1 Stunde hin und lerne das auswendig“ funktioniert für mich nicht so gut.
ich spiele eigentlich nur auswendig. Die Noten und Tabulatur nutze ich eigentlich nur, um das Stück einzuüben. Dann spiele ich es immer wieder, bis meine Finger wissen, wohin sie müssen. Erst dann fängt das Stück an zu leben. Allerdings spiele ich auch sehr wenig Klassik und mehr Pop, Folk, Eigenes usw. Da muss ich mich auch nicht so sklavisch an die Noten halten und kann kleine Veränderung nach meinem Geschmack vornehmen. Erst wenn ich ich das Stück wirklich auswendig spielen kann, kann die Interpretation beginnen und erst dann bin ich in der Lage, auch das Gefühl hineinzulegen, das ich gerne haben möchte und auf Tongestaltung zu achten. Solange ich auf Noten schauen muss, kann ich mich nicht auf das Gefühl und die Spielweise konzentrieren, das lenkt mich zu sehr ab.
Eigentlich müsste man auf diese Thematik antworten wie ein Jurist, nämlich mit: "Es kommt darauf an ...." Viele Aspekte sind hier ja hier im Thread schon angesprochen worden, die auch teilweise auf mich zutreffen. Das Auswendiglernen eines Stückes kann m.E. nach abhängig sein von den nachfolgenden Punkten, die alle irgendwo ineinanderfließen:
Alter bzw. Gedächtnisleistung Ich hatte als Jugendlicher mit Gitarre angefangen, um dann Jahrzehnte auszusetzen. Damals konnte ich Stücke nach wenigen Male spielen schon auswendig und - witzigerweise - diese auch noch heute. Mit neuen Stücken tue ich mich aber mit bald Mitte 60 deutlich schwerer. Das gilt natürlich nicht für jeden.
Länge des Stückes Es gibt viele kurze Stücke, die von Wiederholungen leben und schnell durchgespielt werden, oft Bestandteil einer Suite o.ä. Die kann man natürlich schneller und oft auch leichter lernen, als ein Stück, dass sich über mehrere Seiten hinzieht.
Schwierigkeit und Struktur des Stückes Selbstredend, oder? Wobei hier die individuelle Schwierigkeit gemeint ist. Ein Stück, was für den einen einen unergründlichen Notenberg darstellt, wird von diesen nur mit Mühe auswendig gelernt werden können, während jemand, der das Stück durchdringt, harmonisch versteht und strukturell lernt, da deutlich im Vorteil ist. Klassisches Beispiel sind viele Etüden, bei denen man sich oft nur die Harmonien, die Struktur und die Besonderheiten einprägen muss. Auch Stücke mit bekannter oder eindringlicher Melodielinie sind meistens einfacher zu lernen. Pop- und Folkstücke im Fingerstyle finde ich oft generell einfacher auswendig zu lernen als manche klassischen Stücke.
Musikalische "Logik" des Stückes bzw. wiederkehrende Muster Das kennen sicher auch viele: Wenn man Stücke aus einer Epoche oder von einem bestimmten Komponisten spielt, gibt es - bei aller Vielfalt der Musik - auch immer Stellen, die sich harmonisch wiederholen oder nahezu identisch sind. Die erleichtern das Auswendiglernen immens bzw. ermöglichen zur Not auch das Improvisieren, um sich über Stellen zu retten, die einem nicht mehr einfallen.
Lerntechnik, Lernumgebung Ein sehr individuelles, aber wichtiges Thema, das auch schon hier im Thread angerissen wurde. Die einen lernen ganzheitlich, wiederholen also das gesamte Stück, bis sie es auswendig können. Andere lernen vielleicht häppchenweise und unstrukturiert und setzen später die erlernten Passagen im Kopf zusammen. Viele haben mir erzählt, sie gehen nach der Methode vor, immer vom Anfang an zu beginnen und immer einen Takt zusätzlich dazu zu nehmen, während andere Takte eher einzeln lernen und wiederholen. Ich selbst habe auch meine eigene Lerntechnik, mit der ich am besten klar komme: Ich fange mit dem letzten Takt an, den ich auswendig lerne. Dann nehme ich den vorletzten dazu usw., bis ich beim ersten Takt bin und das Stück beherrsche.
Auch die Lernumgebung spielt eine Rolle. Während die einen eine möglichst ablenkungsfreie Umgebung brauchen, können andere sich so in ihr Spiel vertiefen, dass sie Störungen quasi ausblenden. Mir macht z.B. selbst ein im Hintergrund dudelndes Radio keine Probleme; ich nehme es einfach nicht mehr wahr, wenn ich mich auf die Gitarre konzentriere.
Erfahrung des Gitarristen Fortschreitende Erfahrung begünstigt das Auswendiglernen m.E. nach kräftig, weil man eben manche der vorgenannten Punkte so verinnerlicht oder trainiert hat, das man sich einfach leichter damit tut.
Auch wenn ich selbst so meine Probleme mit dem Auswendiglernen neuer Stücke habe, strebe ich eigentlich immer an, mir diese einzuprägen. Was hier im Thread auch beschrieben wurde ist dieser Zwischenzustand, in welchen man die Noten nur als Stütze braucht und viele Passagen des Stückes eigentlich schon auswendig kann, aber es eben nicht in Gänze auswendig replizieren kann. Das dürfte auf sehr viele hier zutreffen, die damit eigentlich mehr auswendig können, als sie von sich selbst vermuten
Forum-Klassikgitarre.de
Thema drucken
31.12.2023 11:15
Antworten
Viele Aspekte sind hier ja hier im Thread schon angesprochen worden, die auch teilweise auf mich zutreffen. Das Auswendiglernen eines Stückes kann m.E. nach abhängig sein von den nachfolgenden Punkten, die alle irgendwo ineinanderfließen: