Hallöchen liebe Forianer,

ich hoffe es geht allen gut und ihr könnt euch auf allen Teilen dieser Welt am beginnenden Frühling erfreuen!
Ich habe eine Frage allgemeiner Art, die vielleicht die Lehrer gut beantworten können, aber auch alle anderen ihre Erfahrungswerte einbringen.
Ausgangssituation:
Ich über gerade den Rosenwalzer von T. Stachak. Das Üben bezieht sich auf wenige Stellen, bei denen der Wechsel noch flüssiger gehen kann, primär geht es aber jetzt um das Tempo, ich übe also in 5er Schritten und steigere das Tempo.
Parallel habe ich eine uralte Milonga aus dem Saitenwege Bd. 1 rausgekramt, die schon mal saß und die ich jetzt als Geläufigkeitsübungen rechte Hand wieder reaktiviert habe. In dem Zusammenhang bin ich über das eine oder andere Stück gestolpert, dass mir seinerzeit als Anfänger Grenzen gesetzt hat und das jetzt wie von Geisterhand und ohne große Fingersätze läuft. Ich freue mich über diese Langzeitfortschritte. Es hat nur 10 Jahre gedauert

Nun aber die Frage: Wie viel kann man sich denn an Neuem zumuten? Ich weiß, dass das sicher sehr individuell und tagesformabhängig ist. Meine Frage zielt darauf, dass es doch sicher den Punkt gibt, an dem man zu viel verschiedenes macht und dann in Konsequenz (fast) nichts richtig hängenbleibt.

Ich merke, dass ich gern mal springe zwischen den Teilen, das ist für mich zeitweise ok, aber ein wenig Zielorientierung will ich beibehalten, gerade weil ich erst mit knapp 40 das Spielen bei Null begonnen habe.

Würdet ihr da jetzt was beachten i.S. von: Maximal 2 oder 3 Themen/ Aufgaben, sonst bringt es nichts? Ich mag Langeweile vermeiden, weiß, dass ich nach 30 min Metronom dann irgendwann nicht mehr schneller werde und es dann auch nicht mehr hören kann/ will.

Wechselt ihr an den Stellen dann zum Bestandsrepertoire oder nehmt euch ggf. ein ganz neues Stück vor?

Über eure Sichtweisen bin ich gespannt. Eckdaten sind ja bekannt: Ich bin selbständig, habe abends nach der Arbeit Zeit, aber oft wenig Konzentration, nehme 1x die Woche Unterricht und bin mit meinen fast 52 geistig rege, spüre aber doch, dass ich kognitiv auch an Grenzen stoße (in der Arbeit). Dennoch bin ich eine Performerin und mache unheimlich gerne für alles einen Plan, man könnte auch sagen Kontrollfreak

Hallo Kerstin,
tatsächlich ist das alles individuell sehr verschieden, das Wichtigste scheint mir zu sein sofort "Nägel mit Köpfen" zu machen und unnötiges Üben zu vermeiden. Das bedeutet auch : zuerst Lernen/Abklären, danach Üben, und diese beiden Bereiche getrennt zu bearbeiten, also nichts durcheinanderbringen. Gleichzeitig Lernen und Üben bringt nichts ausser Salat im Gehirn.
Jörg

Hallo Kerstin,

also, ich bin 65 und kein Lehrer und habe nach langer, langer Pause wieder angefangen mit der Klassikgitarre. Von daher bin ich technisch limitiert. Wenn ich neue Stücke einübe brauche ich oft sehr lange, bis ich das so beherrsche, dass es meinen Ansprüchen (einigermaßen) genügt.
Ich glaube, das Wichtigste ist, dass man sich selber klar darüber wird, was eigentlich der Anspruch an sich selber ist und was man musikalisch noch erreichen kann. Ich für mich selber habe z. B. festgestellt, dass es halt einfach Sachen gibt, die ich nie mehr so spielen werden kann, dass es meinen Ansprüchen genügt, z. B. Villa-Lobos, die meisten Sachen von Tarrega und viele Sachen Guiliani, Sor und Bach sowieso.
Ich habe noch sehr viele Noten, die ich teilweise schon über 50 Jahre besitze und schau mir die Lieder immer wieder mal und probiere ohne Druck, ob ich sie irgendwann mal so spielen kann, dass es meinen Ansprüchen genügt. Wenn ich dann nach einiger Zeit merke, das wird gar nichts, dann lass ich es. Für mich ist Musik mein schönstes Hobby und wenn ich trotz intensivem Üben merke, dass es nix wird, dann lass ich das auch, bevor ich frustiert bin.
Die Sachen, die es dann in mein Repertoire geschafft haben übe ich intensiv, manchmal auch mit längeren Pausen, wenn ich merke, es geht gerade nicht voran.
Manchmal hilft es auch, mal was Anderes zu probieren. Ich beschäftige mich z. B. zur Zeit mit Jazzakkorden und lerne auf diese Weise ganz viel über die Harmonielehre und auch das Griffbrett besser kennen.
Ist halt meine Art, an das Gitarrenspielen heran zu gehen. So freue ich mich jeden Tag wieder darauf, zu spielen.

Genau! Vergiss mal kurz den Perfektionismus und lass deine Kreativität auf deinem Instrument wild herumtoben.

Hallo Kerstin,
ich vermute, dass Du eigentlich einer Leistungsorientierung folgst, und klare Ziele magst.
Eigentlich sollte dieses Lernkonzept aus Deinem Unterricht kommen, was aber wohl zu wenig Orientierung für Dich bringt.

Schau Dir doch mal das Programm von ABRSM (heißt wirklich so) an: dort gibt es Leistungsstufen mit entsprechendem Ausbildungsmaterial und die Möglichkeit, Prüfungen abzulegen.

Selbst ohne Prüfungsabsichten findest Du ein stufenweise zusammengestelltes Pensum an Gitarrenstücken, die Du in Deinem Unterricht als Grundlage verwenden könntest. Damit wären ganz klare Lern- und Leistungsziele definiert, die Dir eine klare Ausrichtung und Vorhersehbarkeit geben.

Wenn es mich nicht täuscht, hat Delcamp über sein Forum auch Stufen als Lernprogramm.

Hallo Charlie, yep hast du gut getroffen, Ja, mein Lehrer holt mich schon ab, ich habe allerdings auch einen starken Willen, muss erst an einem (ach alles 1. Bis 3. Bund? Geeeht sicher leicht) Stück in die Knie gehen, um dann die Lernkurve zu haben. Übersetzt: manchmal verweigere ich auch mal ein Stück, was vielleicht für das methodische Vorgehen an der Stelle wichtig wäre, weil ich das doof finde. Oder mir was anderes vorstelle. Will sagen: Mein Lehrer macht das schon gut und empathisch, es liegt auch an mir.

Das Ganze ist sicher nicht immer förderlich, aber so in Summe, war ich immer so genannter Gegenbeispielsortierer, der lieber versucht und in die Knie geht, als sich Umständen/Konventionen anzupassen, von denen andere berichten, die ich aber gern selbst auslote. Wer nicht hören wil, muss fühlen oder eben gaaaanz viel fluchen und üben ;-)
Und dann ist es auch so, dass ich vor ei n paar Jahren beschlossen habe,nichts mehr zu tun, was für mich nicht stimmig ist.Kinofilm doof? Dann gehe ich. Essen kalt? Lasse ich zurückgehen. buch nicht meins? Auch Nobelpreisträger dürfen missfallen. Beim Spielen schaue ich deshalb auf die Freude und versuche dennoch Ziele zu erreichen.

Zurück zum Thema: Das mit dem Programm ist ein wertvoller Tipp, ich rercherchiere mal.
Danke

Lieber „smart“ als „hart“ üben.

Anbei ein Video mit Scott Tennant, der den Hinweis gibt, Üben mehr als das Lösen von vorab erkannten Problemen zu sehen, wobei auch wenige Minuten zwischendurch schon wertvoll werden.

Natürlich ist das höchstes Niveau, aber für uns ambitionierte Hobbyspieler doch ein gewichtiger Ansatz, unsere Übungsstrategie zu überdenken.

Danke Charlie, das sind nochmal gute Impulse. Ich habe mit meinem Lehrer gesprochen und wir haben einen Plan besprochen. Er hat mir Zusammenhänge der Mechanismen zwischen Übestücken und dem "dranhängenden" Spielstück erklärt. Ich übe z.b. gerade aus dem Sagreras die Lec 73 (die ich schon mal hatte). Wenn die sitzt geht es an eine Milonga, die viele Parallen betr, griffen, Kombis und Bewegungen hat. Ich soll diese Milonga jetzt aber noch liegenlassen, bis die Übung sitzt. Sonst wäre das z. B. wenig produktiv.
Zudem habe ich noch rausgefunden, dass es Sinn macht, einfach mal alte Noten ohne Hinweise (Ausnahme Fingersätze) vorzuholen und einfach zu probieren. Ich mache mir oft Kopien und schreibe da Infos rein. jetzt versuche ich es mit dem Original, das bringt bringt mir auch viel.
@all: macht ihr das auch so mit den Kopien bzw Notizen oder bin ich damit allein?

LG Kerstin

Moin,

Zitat von Kerstin72 im Beitrag #9

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...Ich mache mir oft Kopien und schreibe da Infos rein. jetzt versuche ich es mit dem Original, das bringt bringt mir auch viel.
@all: macht ihr das auch so mit den Kopien bzw Notizen oder bin ich damit allein?

LG Kerstin

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Hallo Sascha.
Du beschreibst exakt meine Einstiegsprozedur in ein neues Stück: ich überprüfe zuerst alle Fingerrsätze auf Stilistik, Plausibilität und ob sie meiner gebrechlicher werdenden (meinem Alter geschuldet) Technik genügen, bevor ich überhaupt den ersten Finger krumm mache. Meine Standardausrüstung auf dem Notenständer sind Radiergummi, TippEx und ein gestochen scharf schreibender Stift.
Jörg

Zitat von Kerstin72 im Beitrag #9

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@all: macht ihr das auch so mit den Kopien bzw Notizen oder bin ich damit allein?

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Zitat von Harald im Beitrag #12

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Ich bin ein Notizenmuffel, mache das nur in absoluten Ausnahmefällen und scheue da auch nicht vor (Bleistift-)Eintragungen im Original zurück.

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